
Von Bunten Pools in Yellowstone bis hin zur Magie von Antelope Island
Guten Morgen aus unserer kleinen, charmanten Cabin im Yellowstone! Die Ausstattung ist – sagen wir mal – minimalistisch. Es gibt ein Waschbecken, das ein wenig schief in der Ecke hängt, aber für alles Weitere sind die Gemeinschaftstoiletten und Duschen nur ein paar Schritte entfernt. Und nein, das ist kein Luxusproblem, sondern vielmehr Teil des Abenteuers! Die frische Morgenluft, die durch die Ritzen der Holzwände kriecht, sorgt dafür, dass wir schneller wach werden, als uns lieb ist. Aber hey, wenigstens haben wir das Bad ganz für uns allein – anscheinend sind wir die Einzigen, die so früh aus den Federn kriechen.
Um Punkt 7:30 Uhr stehen wir dann in der Old Faithful Lodge und bereiten uns auf das erste Highlight des Tages vor: das Frühstück! Die Auswahl ist klassisch und simpel, aber genau das trifft heute den Nerv. Ein frischer Bagel mit Frischkäse und ein dampfender Kaffee – nichts Luxuriöses, aber es schmeckt nach Abenteuer und Vorfreude. Doch das Beste an diesem Frühstück ist nicht das Essen, sondern die Atmosphäre.
Da sitzen wir also, mit bestem Blick auf das Naturwunder, und genießen unsere Bagels, als sich vor unserem Fenster eine wahre Komödie entfaltet. Eine Gruppe von etwa zehn asiatischen Touristen – bewaffnet mit Kameras, Smartphones und einer fast schon militärischen Einsatzbereitschaft – hat sich ebenfalls strategisch günstig positioniert. Die Spannung ist greifbar. Kaum steigt ein dünnes Wölkchen Dampf aus der Erde, schnellt die gesamte Truppe nach draußen, die Kameraauslöser klacken im Synchron-Takt, und man kann die Vorfreude in ihren Gesichtern förmlich spüren.

Aber, ach, Old Faithful hat seinen eigenen Zeitplan – und dieser kleine Dampfausbruch war nur ein harmloses Vorblubbern. Die Gruppe strömt enttäuscht wieder zurück ins Warme, versammelt sich um unseren Tisch und beginnt, sich gerade wieder gemütlich einzurichten – da hebt der Geysir erneut an. Wieder Chaos. Ein aufgeregtes Raunen, eine hektische Massenbewegung, und schon rennen sie erneut hinaus. Fehlalarm Nummer zwei.
Jetzt machen sie sich das dritte Mal auf den Weg nach drinnen, als Old Faithful dann endlich Ernst macht. Ein gewaltiger Strahl kochenden Wassers schießt in den Himmel – doch die meisten haben es noch nicht einmal bemerkt, weil sie gerade dabei sind, sich wieder zu setzen. Und dann bricht Panik aus. Der eine stolpert über den Rucksack des anderen, eine Frau versucht verzweifelt, ihre Kamera aus der Tasche zu ziehen, während sich zwei weitere Gäste gegenseitig den besten Fluchtweg nach draußen versperren. Es ist pures Slapstick-Kino, live und in Farbe. Wir können uns ein Schmunzeln nicht verkneifen und lehnen uns entspannt zurück. Wir haben gestern schon aus der ersten Reihe zugesehen – heute genießen wir das Spektakel aus dem warmen Inneren der Lodge.
Um Punkt acht Uhr verlassen wir schließlich unseren Logenplatz und machen uns auf den Weg zum Upper Geyser Basin, dem Herzstück des Yellowstone, wo sich mehr heiße Quellen und Geysire tummeln als irgendwo sonst im Park. Über schmale Holzstege bahnen wir uns den Weg durch diese brodelnde, dampfende und zischende Landschaft. Irgendwo spuckt oder blubbert es immer – ein Schauspiel, das nie langweilig wird. Der Dampf liegt wie ein feiner Schleier in der Luft, und mit jedem Schritt wird uns bewusster, dass dieser Park auf einem gigantischen Vulkan ruht, der jederzeit Lust auf ein bisschen Chaos haben könnte. Ein faszinierender und ein klein wenig beunruhigender Gedanke.

Hier sind wir also, mitten im Upper Geyser Basin, einem der faszinierendsten Orte im Yellowstone-Nationalpark. Überall dampft und zischt es, als würde der Boden unter uns leben – und genau genommen tut er das auch. Wir befinden uns auf einem riesigen Vulkan, unter dessen Oberfläche sich unvorstellbare Mengen an glühendem Magma befinden. Doch anstatt sich darüber Sorgen zu machen, genießen wir lieber das Schauspiel der beeindruckendsten Geysire und heißen Quellen entlang des Boardwalks. Einige von ihnen brechen regelmäßig aus, andere dösen seit Jahrzehnten vor sich hin – und wir machen uns auf, all diese Naturschönheiten zu erkunden.
Schon nach wenigen Schritten erreichen wir den Beehive Geyser, der seinem Namen alle Ehre macht. Seine Form erinnert tatsächlich an einen Bienenstock, und wenn er ausbricht, schießt eine bis zu 60 Meter hohe Wasserfontäne in den Himmel. Leider müssen wir uns mit einem sanften Brodeln begnügen – heute scheint der Beehive Geyser noch nicht so richtig in Stimmung zu sein. Doch auch ohne Eruption ist dieser Geysir ein beeindruckendes Naturphänomen.
Nur wenige Meter weiter erwartet uns der Beauty Pool, und hier macht der Name keine falschen Versprechungen. Das Wasser leuchtet in sattem Türkis und schimmert je nach Sonneneinstrahlung in verschiedenen Nuancen. Leider sorgt die noch kühle Morgenluft dafür, dass über der Oberfläche dichte Dampfschwaden hängen, die das perfekte Foto ein wenig erschweren. Trotzdem kann man die Pracht dieses Pools erahnen. Direkt daneben liegt der Chromatic Pool, eine weitere heiße Quelle, die ihrem Namen gerecht wird: Die Farben reichen von Gelb und Orange bis hin zu einem tiefen Blau. Doch diese beiden Pools haben noch ein weiteres erstaunliches Geheimnis: Ihr Wasserstand beeinflusst sich gegenseitig! Wenn der eine Pool überläuft, sinkt der Pegel des anderen – und das Ganze passiert in einem Wechselspiel, das sich über Wochen oder sogar Jahre hinwegzieht. Die Natur hat hier ihre eigenen, unberechenbaren Gesetze.
BILDERGALERIE: upper Geysir Basin
Während wir weiter über den dampfenden Holzsteg spazieren, erreichen wir den Grotto Geyser – und haben unglaubliches Glück! Genau in dem Moment, als wir vorbeigehen, beginnt er zu sprudeln. Seine Eruptionen finden etwa alle acht Stunden statt und können zwischen 90 Minuten und zehn Stunden andauern! Der Geysir sieht aus wie eine bizarre Skulptur aus dampfenden Mineralablagerungen, fast wie ein versteinerter Brunnen aus einer anderen Welt. Die Wassermassen spritzen aus den unterschiedlich geformten Öffnungen, und der Dampf steigt in dichten Schwaden auf. Es ist fast hypnotisierend, diesem Schauspiel zuzusehen – ein wahres Geschenk der Natur.
Doch unser Highlight des Tages wartet noch auf uns. Nach einem kurzen Spaziergang erreichen wir ihn endlich: den legendären Morning Glory Pool, eine der atemberaubendsten heißen Quellen des gesamten Parks. Schon von Weitem leuchtet uns das tiefblaue Wasser in der Mitte des Pools entgegen, umrahmt von einem intensiven Orange, das sich wie ein Farbring um die Quelle legt. Der Farbverlauf reicht von sattem Gelb über smaragdgrünes Wasser bis hin zu einem fast unergründlichen Blau im Zentrum. Es sieht aus, als hätte jemand flüssigen Regenbogen in den Pool gegossen.
Hier haben wir endlich die perfekten Bedingungen für ein Foto. Die Sonne steht hoch genug, um das Wasser in seiner ganzen Farbintensität erstrahlen zu lassen, und für einen kurzen Moment legt sich kein einziger Dampfschleier über die Oberfläche. Es ist einer dieser Momente, in denen man einfach nur staunend dasteht und sich fragt, ob die Natur nicht doch der beste Künstler ist. Kein Wunder, dass dieser Pool den Namen Morning Glory trägt – er ist wahrlich eine Blüte der Natur, in Wasser und Farben verewigt.

Mit all diesen unvergesslichen Eindrücken machen wir uns auf den Rückweg über den Boardwalk. Mittlerweile zeigt die Uhr stolze 10 Uhr, und die Sonne hat die kühle Morgenluft vertrieben. Noch immer dampft es hier und dort aus den Geysiren, und man kann gar nicht genug davon bekommen, wie der Yellowstone unter unseren Füßen lebendig scheint. Doch unser nächstes Abenteuer wartet, und so setzen wir unsere Reise in Richtung westlicher Parkausgang fort. Es gibt noch so viel zu entdecken!
Wir folgen dem Highway 191, der sich in sanften Kurven entlang des Madison Rivers schlängelt. Die Landschaft hier ist weitläufig und offen, mit goldenen Wiesen, sanften Hügeln und dunklen Nadelwäldern, die sich am Horizont abzeichnen. Ein Bilderbuch-Wildwest-Szenario – und als hätte sich die Natur gedacht, dass es noch nicht perfekt genug ist, taucht plötzlich eine riesige Bisonherde auf, die sich gemächlich durch die Prärie bewegt. Die massigen Tiere grasen friedlich, schnauben ab und zu in die klare Herbstluft und trotten mit stoischer Gelassenheit umher.
Ein kurzer Blick auf die gegenüberliegende Straßenseite – eine Parkbucht! Perfekt. Wir setzen den Blinker, rollen langsam herüber und stellen den Pickup direkt an der besten Beobachtungsposition ab. Und dann geschieht das, was man aus zahllosen Yellowstone-Erzählungen kennt: Die Bisons bewegen sich immer weiter auf die Straße zu – und wir stehen mittendrin.
BILDERGALERIE: Bisons
Zuerst scheint es noch so, als würden sie einfach nur grasen und dabei unbeteiligt in unsere Richtung kommen. Doch dann ist es, als hätten sie sich in den Kopf gesetzt, dass genau hier, genau jetzt, die Straße als Wanderroute genutzt wird. Einer nach dem anderen setzt sich in Bewegung, völlig unbeeindruckt von Autos, Menschen oder sonstigen Störungen. Und bevor wir uns versehen, sind wir umzingelt von riesigen Bisons!
Ehrlich gesagt, ich bin sehr froh, dass wir in einem riesigen Pickup sitzen und nicht etwa draußen mit einer Kamera in der Hand stehen. Denn die Tiere sind gewaltig. Besonders wenn sie nur eine Armlänge vom Autofenster entfernt stehen, fühlt man sich plötzlich doch sehr klein. Ein Blick in ihre dunklen Augen verrät: Diese Kolosse sind friedlich, aber zugleich unberechenbar.
Die Straße gehört jetzt ihnen, und sie lassen sich Zeit – viel Zeit. Einige trotten über den Asphalt, als hätten sie alle Zeit der Welt, während andere sich genüsslich auf dem warmen Straßenbelag niederlassen. Einer bleibt direkt vor unserem Wagen stehen, hebt langsam seinen gewaltigen Kopf und mustert uns – oder vielmehr unser Auto – als wollte er abschätzen, ob wir Respekt zeigen.

Während ich die Situation völlig gelassen genieße und fleißig Fotos aus dem Fenster knipse, beginnt Stefan, sich Gedanken darüber zu machen, was passiert, wenn einer dieser Burschen plötzlich entscheidet, dass unser Auto ihm nicht gefällt. Schließlich wiegt so ein Bison locker 900 Kilogramm und könnte unseren Wagen mit einem einzigen Kopfstoß in einen Totalschaden verwandeln.
Doch die Herde bleibt entspannt. Sie ziehen weiter, langsam, beinahe majestätisch. Und als die letzten Tiere an unserem Auto vorbeigezogen sind, wagen wir es, vorsichtig weiterzufahren. Ein Blick in den Rückspiegel zeigt das wahre Ausmaß des Spektakels: Hinter uns staut sich der Verkehr mittlerweile kilometerweit. Autos, Wohnmobile, Motorräder – alle stehen still, während die Bisons gemächlich und in völliger Seelenruhe die Straße blockieren.
Während wir den Parkausgang ansteuern, kann ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. So ein Bison-Stau gehört einfach zum echten Yellowstone-Erlebnis dazu. Und während die anderen Besucher jetzt wohl noch eine ganze Weile warten müssen, sind wir schon auf dem Weg nach Westen – mit einem breiten Grinsen im Gesicht und ein paar grandiosen Fotos auf der Speicherkarte.
Es ist 11:45 Uhr, als wir in West Yellowstone einrollen – einem dieser quirlig-bunten Touristenorte, in denen sich Souvenirläden, Tankstellen und Fast-Food-Ketten wie eine Perlenkette aneinanderreihen. Stefan entscheidet sich spontan für eine Tankpause, was für mich die perfekte Gelegenheit ist, um mich beim örtlichen McDonald’s absetzen zu lassen. Während er sich mit Zapfpistolen und Spritpreisen beschäftigt, nutze ich die Zeit für ein schnelles Telefonat nach Hause – denn selbst auf Roadtrips will man ja wissen, ob daheim noch alles im Lot ist.

Kaum habe ich die Neuigkeiten aus der Heimat erfahren, steht Stefan auch schon wieder vor mir. Zeit, weiterzuziehen! Unser nächstes Ziel ist das Running Bear Pancake House, ein gemütlicher Laden mit Holzmobiliar und dem verlockenden Duft von frischem Kaffee. Und hier erwartet uns eine kulinarische Überraschung, die irgendwo zwischen genial und verrückt rangiert: Ein Sandwich mit Schinken, Pommes – und Puderzucker. Ja, ihr habt richtig gelesen. Puderzucker. Weil, warum nicht? Die erste Reaktion schwankt zwischen Skepsis und Faszination, aber dann – und das ist das Erstaunliche – funktioniert die Kombination tatsächlich! Ob wir es jemals nachkochen werden? Fraglich. Aber als mutige Experimentierküche für unterwegs: absolut ein Highlight.
Mit dieser unerwarteten Geschmackserfahrung im Bauch steuern wir weiter gen Süden auf dem Highway 20. Um 15 Uhr erreichen wir Idaho Falls, einen Ort, den wir vor ein paar Tagen bereits passiert haben. Hier gibt’s einen kurzen Stopp bei Grand Teton Harley-Davidson – ein Muss, denn zu Hause haben wir jeder unsere eigene Harley, und in den USA gehört ein Souvenir-T-Shirt einfach dazu. Zum einen gibt’s diese Shirts bei uns nicht in der Art – und schon gar nicht zu diesen Preisen. Zum anderen ist es einfach cooler, wenn auf dem Rücken „Harley-Davidson Grand Teton“ steht anstatt „Harley-Davidson Schwäbisch Gmünd“. Klingt gleich viel abenteuerlicher. Während Stefan mit Kennerblick durch den Laden streift, werfe ich einen prüfenden Blick auf die Shirts. Schnell ist klar: Wir gehen hier nicht mit leeren Händen raus.
BILDERGALERIE: Running Bear Pancake House
Doch die Straße ruft! Weiter geht’s auf der Interstate 15, mit einem Ziel, das ehrlich gesagt als Lückenfüller in unserem Reiseplan gestartet ist: der Antelope Island State Park. Wir hatten keine großen Erwartungen – eine Insel im Great Salt Lake, ein paar Bisonherden, ein bisschen Natur. Klingt nett, aber nichts, wofür man Luftsprünge macht. Doch dann erreichen wir gegen 17:30 Uhr den Antelope Island Causeway, einen schmalen Damm, der sich 12 Kilometer lang durch die Farmington Bay zieht. Und plötzlich sieht die Sache ganz anders aus.
Die Szenerie ist atemberaubend. Das Licht der untergehenden Sonne taucht die Landschaft in goldenes Schimmern, und die Weite des Sees sorgt für eine fast unwirkliche Stille. Langsam rollen wir über den Damm, das Wasser glitzert links und rechts, und vor uns erstreckt sich die raue, hügelige Landschaft von Antelope Island. Ich lehne mich im Sitz zurück und muss schmunzeln. Manchmal sind es genau die Orte, die man nicht auf der Bucket List hatte, die sich als die größten Überraschungen entpuppen.

Die Fahrt über den Antelope Island Causeway fühlt sich an wie der Übergang in eine andere Welt. Links und rechts erstreckt sich der Great Salt Lake, dessen Oberfläche in der Nachmittagssonne wie flüssiges Silber glitzert. Die Straße ist schnurgerade, und außer uns sind nur wenige andere Autos unterwegs. Man könnte meinen, wir seien auf dem Weg zu einem geheimen Ort, den nur Eingeweihte kennen. Und irgendwie stimmt das auch – denn obwohl Antelope Island kein Geheimtipp ist, hat es definitiv das Flair eines verborgenen Juwels.
Kaum haben wir die Insel erreicht, fühlt es sich an, als hätten wir die Zivilisation endgültig hinter uns gelassen. Kein Lärm, keine Hektik – nur Natur, Weite und diese unglaubliche Stille. Selbst der Wind scheint hier anders zu wehen, sanfter, ruhiger, fast als würde er respektvoll flüstern, um die Wildnis nicht zu stören. Und Wildnis gibt es hier reichlich! Schon nach den ersten Kilometern sehen wir, wer hier wirklich das Sagen hat: Bisons. Riesige, massige Kolosse, die mitten auf der Straße stehen, als sei sie extra für sie gebaut worden.
Stefan verlangsamt das Tempo, während ein Bison in aller Seelenruhe die Fahrbahn überquert. Es gibt zwei Dinge, die man im Westen der USA niemals tun sollte: einen Cowboy ohne Kaffee ansprechen und einen Bison in seinem Stolz verletzen. Diese Tiere sehen vielleicht träge aus, aber wenn sie sich provoziert fühlen, können sie schneller beschleunigen als unser Mietwagen. Wir warten also brav, bis Mister Bison sich entschieden hat, seinen Weg fortzusetzen, und fahren dann vorsichtig weiter.
Je tiefer wir in den Antelope Island State Park vordringen, desto spektakulärer wird die Landschaft. Sanfte Hügel wechseln sich mit felsigen Anhöhen ab, in der Ferne glitzert das Wasser des Salzsees, und die tief stehende Sonne taucht alles in ein goldenes Licht. Es ist diese Art von Abendstimmung, bei der man automatisch langsamer atmet, weil es sich anfühlt, als würde die Welt gerade eine Pause einlegen.
BILDERGALERIE: Antelope Island
Neben den Bisons gibt es hier noch mehr tierische Bewohner: Koyoten, Dickhornschafe und natürlich die namensgebenden Antilopen. Während wir durch die hügelige Landschaft fahren, entdecke ich plötzlich eine Bewegung in der Ferne. „Antilopen! Da vorne!“ rufe ich aufgeregt, als eine kleine Herde elegant über das Gelände hüpft. Sie wirken beinahe schwerelos, als würden sie mit der Erde nur einen höflichen Gruß austauschen, bevor sie wieder in die Luft springen.
Doch so traumhaft dieser Ort auch ist – es gibt einen winzigen Haken. Und dieser Haken kommt in Schwärmen. Gnats. Diese kleinen, nahezu unsichtbaren Mistviecher, die man erst bemerkt, wenn es zu spät ist. Sie sind so winzig, dass sie problemlos durch die kleinsten Lücken der Kleidung finden, aber ihre Stiche jucken, als hätte man sich mit Brennnesseln einreiben lassen. Und das Beste? Sie stechen sogar durch Jeans. Ich wiederhole: DURCH. JEANS. Wer auch immer diesen Inselbewohnern das Recht auf eine Existenz gegeben hat, muss einen sehr fragwürdigen Sinn für Humor gehabt haben.

Wir versuchen tapfer, uns nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Während Stefan elegant durch die Luft wedelt, als würde er ein imaginäres Orchester dirigieren, kämpfe ich mit der Realität, dass meine Jeans offensichtlich keine Rüstung ist. Aber dann passiert das, was uns endgültig versöhnt: Der Sonnenuntergang beginnt. Und was für einer.
Die salzhaltige Wasseroberfläche reflektiert das Licht in allen erdenklichen Nuancen von Gold, Orange, Rosa und Violett. Die Hügel bekommen einen rötlichen Schimmer, während die Silhouetten der Bisons im Abendlicht fast wie Schatten aus einer anderen Zeit wirken. Ich versuche, den Moment mit der Kamera einzufangen, aber keine Linse der Welt kann wiedergeben, wie magisch dieser Anblick wirklich ist. Also stehe ich einfach nur da und schaue.
Langsam wird es dunkel, und die kühle Abendluft kündigt an, dass es Zeit für den Rückweg ist. Während wir zum Auto zurücklaufen, schlage ich vor, dass wir beim nächsten Mal ein Zelt mitbringen. Stefan hebt eine Augenbraue. „Und was genau willst du dann gegen die Gnats tun? Sie höflich bitten, draußen zu bleiben?“
Touché. Aber eines steht fest: Diese Insel hat uns überrascht. Was als kleiner, unscheinbarer Stopp auf unserer Route begann, hat sich als einer der magischsten Orte der gesamten Reise entpuppt. Wir steigen ins Auto, werfen einen letzten Blick auf die dunklen Umrisse der Insel – und wissen genau: Wir kommen wieder. Mit mehr Zeit. Und mit Mückenspray in Industriestärke.



Wir verlassen Antelope Island, während sich die Dunkelheit langsam über den Great Salt Lake legt, und steuern Richtung Layton, einem Vorort von Salt Lake City. Nach all den Eindrücken – Bisons, Sonnenuntergang, Gnats und diesem Gefühl, gerade durch eine Filmkulisse gefahren zu sein – meldet sich der Hunger. Und was könnte einen Tag wie diesen besser abrunden als ein Steak? Die Antwort ist klar: Nichts. Also fällt die Wahl auf das Texas Roadhouse, wo butterzartes Fleisch, knusprige Brötchen mit Zimtbutter und diese typisch amerikanische Western-Atmosphäre auf uns warten.
Doch erstmal müssen wir es finden. Normalerweise ist ein Texas Roadhouse leicht auszumachen – groß, rustikal, neonbeleuchtet. Aber dieses hier? Irgendwo in einer Einkaufspassage versteckt. Nicht gerade das, was wir erwartet hatten. Also drehen wir ein paar Ehrenrunden durch die Umgebung, scannen jedes Gebäude und hoffen, dass unser Steak nicht schon kalt ist, bevor wir es überhaupt bestellen. Schließlich entdecken wir es doch noch – leicht versteckt, aber nicht minder verheißungsvoll.
Kaum sitzen wir, wird es auch schon laut. Typisch Texas Roadhouse: Es ist immer etwas los. Die Kellner wirbeln herum, es duftet nach frisch gegrilltem Fleisch, und irgendwo in der Ecke feiert jemand Geburtstag, was bedeutet, dass das halbe Personal mit Cowboyhüten auf den Tischen tanzt. Unser Steak kommt, perfekt medium-rare, begleitet von einer großzügigen Portion knuspriger Pommes. Nach den Erlebnissen des Tages ist das Essen fast schon spirituell – eine perfekte Kombination aus Sättigung und Glückseligkeit.
Nur noch fünf Minuten Fahrt bis zum Hotel, was nach so einem Festmahl durchaus ein Vorteil ist. Dort angekommen, teilen wir uns wie gewohnt die Aufgaben: Stefan sichert unsere Bilder – ich schlafe längst. Nach so einem Tag bleibt eigentlich nur noch eine Erkenntnis: Antelope Island war eine unerwartete Perle auf unserer Route, und unser Steak-Dinner in Layton der perfekte Abschluss.

