Abenteuer deluxe: Mit neuen Reifen zu
spektakulären Foto Stopps & nach Watson Lake

Nach einem energiegeladenen Frühstück brechen wir voller Vorfreude um 8:00 Uhr auf, um einen kurzen Abstecher zu Fraserway zu machen und unsere Reifen überprüfen zu lassen. Bei Fraserway ist alles entspannt, und wir müssen nicht lange auf den Service warten. Denise, die fröhliche Schweizerin, schickt einen Mechaniker zu unserem Wohnmobil. Der Kerl ist sich sicher, dass unsere Reifen noch in Ordnung sind und keine Probleme bereiten sollten.

Aber Moment mal, Denise hat eine brillante Idee! Sie kommt zu uns zurück und sagt, dass es vielleicht besser wäre, vier brandneue Reifen zu installieren, schließlich liegt noch eine aufregende Strecke vor uns. Natürlich sind wir sofort begeistert von der Idee, also geben wir grünes Licht für die neuen Reifen.

Der Reifenservice direkt gegenüber von Fraserway hat leider keine sofortige Verfügbarkeit, aber keine Sorge – Integra Tire am Ortseingang ist sofort einsatzbereit! Wir verlassen Fraserway, biegen rechts ab, fahren 400 Meter geradeaus, und schon sind wir da. Und wer steht schon vor Ort und wartet auf uns? Natürlich Denise! Wie hat sie das so schnell geschafft? Die Frau hat offensichtlich Superkräfte!

Intega Tire Whitehorse

Eine Stunde Wartezeit für den Reifenservice? Kein Problem für uns! Zeit für einen entspannten Bummel durch Yukons Hauptstadt. Unser erster Stopp: Starbucks! Die kurzen Wege hier ermöglichen einen flotten 10-minütigen Spaziergang. Unterwegs schnappen wir uns unser Handy, um mit den Lieben zu Hause zu plaudern, während wir genüsslich unseren Kaffee schlürfen. Herbstzeit ist Pumpkin Spice Latte-Zeit, und ich freue mich wie verrückt über meinen heißgeliebten Herbstgenuss.

Die Stunde verfliegt im Nu, und wir schlendern zurück zur Autowerkstatt. Überraschung! Unser Camper steht bereits fertig in der Halle, und wir müssen nur kurz darauf warten, dass er herausgefahren wird. Die Reifenwerkstatt hat auch eine Tankstelle, also beschließen wir, Diesel und Propan auffüllen zu lassen.

Aber halt! Ein kleines Problem taucht auf – einer der Propantanks hat sein Mindesthaltbarkeitsdatum um 2 Jahre überschritten. Zurück zu Fraserway! Wer hilft uns wieder? Natürlich Denise! Sie organisiert blitzschnell einen neuen Propantank und tauscht den veralteten aus. Ein kleiner Umweg für uns, aber immerhin sparen wir uns eine Propangasfüllung im Wert von etwa 20€.

Yukon Brewing Co.

Direkt um die Ecke (ja, in Whitehorse ist irgendwie alles um die Ecke) befindet sich die Yukon Brewery. Ich nutze die Gelegenheit, mir ein Six-Pack Bier zu schnappen. Ich entscheide mich für sechs verschiedene Sorten, basierend auf den schönsten Etiketten: Bonanza Brown, Longest Night, Ice Fog, Midnight Sun, Lead Dog Ale und Yukon Gold. Ich werde verabschiedet mit:

Cheers to unexpected detours and delightful discoveries!

Der nächste Halt auf unserer Abenteuerreise führt uns zum Real Canadian Super Store. In den kommenden Tagen sind wir „Out Of Civilisation“, also müssen wir uns selbst um unser Abendessen kümmern. Zeit für einen Einkaufsbummel! Wir schnappen uns Grillanzünder, saftige Ribeye-Steaks, ein paar Paprikaschoten und natürlich frisches Brot.

Steak & Beer

Bevor wir Whitehorse verlassen, entscheiden wir uns für einen kulinarischen Zwischenstopp. Ab ins Downtown zum „506 All Day Grill“! Wir bestellen alle ein „506 All Day Sandwich“ – unsere Mägen knurren schon vor Vorfreude.

506 All Day Grill

Als die Sandwiches serviert werden, sehen sie zum Anbeißen aus. Doch oh Schreck, Stefan ist ein wenig enttäuscht – auf seinen beiden Sandwich-Hälften fehlt die ersehnte Schinkenscheibe. Pech gehabt, Stefan! Unsere Kellnerin eilt vorbei, und Stefan macht sie auf sein Schinken-Dilemma aufmerksam. Die junge Frau schaut auf unsere Sandwiches und erkennt schnell den Fehler: Stefan hat zwei obere Hälften, während ich zwei untere habe. Eindeutig eine Verwechslung in der Küche. Auf Anweisung der Kellnerin tausche ich also eine meiner schinkenreichen Hälften mit Stefans schinkenloser Seite. Irgendwie komme ich bei diesem Deal nicht so gut weg, aber was soll’s – Hauptsache, wir können gemeinsam über das lustige Missgeschick lachen!

506 All Day Grill

Nach dem köstlichen Lunch brechen wir gegen 13 Uhr auf, diesmal mit Kurs Richtung Süden. Vor uns liegen rund 450 Kilometer Abenteuer, die sich wie ein Versprechen anfühlen – oder wie ein Test, ob unser Camper nach den Dempster-Erlebnissen auch weiterhin brav durchhält.

Schon nach einer halben Stunde zwingt uns der erste Fotostopp zur Pause. Eine majestätische stählerne Brücke spannt sich über den Yukon River, fast so, als wolle sie mit aller Kraft beweisen, dass Mensch und Natur doch manchmal ganz gut miteinander harmonieren können. Das blasse Blau der Konstruktion bildet einen wunderbaren Kontrast zu den gelb leuchtenden Bäumen am Ufer. Nur der Himmel zeigt sich noch ein wenig launisch: Wolken türmen sich auf, als hätten sie nichts Besseres zu tun, als uns den perfekten Foto-Himmel zu vermiesen. Wir lassen uns davon nicht beirren – ein bisschen Drama am Himmel gehört schließlich dazu.

Yukon River

Wir steigen aus, strecken die Beine, schnappen uns die Kameras und genießen den Blick auf diesen ikonischen Fluss, der sich wie ein Lebensfaden durch den Norden schlängelt. Ein kurzer Moment von Erhabenheit – und dann geht’s zurück auf die Straße. Schließlich haben wir noch viele Kilometer vor uns, und wer weiß, welche Überraschungen dort warten.

Nach unserem kurzen Abstecher zur Brücke über den Yukon River rollen wir weiter nach Süden. Der Himmel bleibt zwar wolkenverhangen, doch die Landschaft entschädigt mit jedem Kilometer. Nur 15 km später taucht das nächste Highlight auf: der malerische Marsh Lake.

Swan Haven

Neugierig biegen wir ab zum Swan Haven Interpretive Center. Ein großes Schild kündigt zwar stolz seine Existenz an – doch das Gebäude selbst hat schon längst die Türen verriegelt. „Closed for the Season“, wie so oft auf dieser Reise. Aber hey, wenn die Tür zu ist, gehen wir eben ans Wasser! Vom Steg aus eröffnet sich ein traumhafter Blick auf den kristallklaren See, in dem sich Himmel und Berge spiegeln, als hätten sie für uns extra posiert.

Swan Haven

Stefan zückt das Fernglas und schaut hindurch. Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen: Mit seiner Haltung sieht er tatsächlich ein bisschen aus wie WALL-E, der kleine Pixar-Roboter auf Erkundungstour. Nur dass Stefan keine Sonnenkollektoren braucht – ein starker Kaffee reicht völlig.

So verweilen wir eine Weile am See, atmen die frische Luft ein und genießen die Stille, bevor wir uns wieder auf den Highway schwingen. Schließlich warten noch viele Kilometer Abenteuer auf uns.

Nach unserer kleinen Pause am Marsh Lake geht es weiter, und schon bald wartet das nächste Highlight am Straßenrand: die mächtige Brücke von Johnsons Crossing, die sich elegant über den Teslin River spannt. Natürlich lassen wir uns diesen Fotostopp nicht entgehen – wer könnte schon einfach über so ein Bauwerk donnern, ohne es aus der Nähe zu bestaunen?

Ein schmaler Pfad führt uns unter die Brücke hinunter ans Ufer. Dort eröffnet sich ein Anblick, der so gar nichts mit schnödem Beton und Stahl zu tun hat: Der Teslin River liegt ruhig da, beinahe ehrfürchtig, als würde er die Konstruktion über ihm tragen wie eine Trophäe. Zwar hätte ein bisschen blauer Himmel die Szene perfekt gemacht – aber im Nachhinein sind wir fast froh über die dramatischen Wolken. Auf den Fotos wirken sie wie gemalt, als hätten wir einen Extra-Filter drübergelegt.

Johnson Crossing Bridge

Während Stefan die Brücke aus allen möglichen Winkeln fotografiert, ertappe ich mich bei dem Gedanken, dass ich mich fast wie ein Bauinspektor fühle. Ich meine – wer geht sonst freiwillig unter eine Brücke, nur um das Fundament zu bewundern? Aber in diesem Fall lohnt es sich, denn die Szenerie ist einfach spektakulär: Industrie trifft Wildnis, und die Natur gewinnt haushoch.

Johnson Crossing

Nachdem wir uns an der Brücke von Johnsons Crossing sattgesehen haben, rollen wir weiter – der Alaska Highway zieht sich nun wie ein silbernes Band entlang der Ufer des Teslin Lakes. Der See begleitet uns fast majestätisch, mal schimmert er im Grau der Wolken, mal blitzen Sonnenstrahlen durch und lassen ihn wie flüssiges Gold wirken. Diese Straße hat etwas Hypnotisches: links Wasser, rechts Berge, und mittendrin wir – mit einem Camper, der mehr Dreck als Originallack trägt.

Bevor wir den See selbst überqueren, gönnen wir unserem Gefährt noch einen Tankstopp. Schließlich wissen wir inzwischen: Auf dem Alaska Highway ist jede volle Tankanzeige ein Grund zum Feiern. Danach biegen wir kurz beim Yukon Motel ab – einem dieser Orte, die auf jeder Karte fett markiert sind, obwohl sie im echten Leben eher unscheinbar wirken.

Yukon Motel

Es ist mittlerweile 16 Uhr, und wir liegen gut in der Zeit. Der Highway rollt unter uns dahin, die Landschaft zieht in goldenen Herbstfarben vorbei. Etwa eine halbe Stunde später überqueren wir die Grenze zu British Columbia – aber bevor man überhaupt den Gedanken fassen kann, die Provinz gewechselt zu haben, sind wir schon wieder zurück im Yukon. Ein kleiner geografischer Ausflug, der uns daran erinnert, wie nah hier alles und doch gleichzeitig so unendlich weit auseinanderliegt.

Kurz darauf passieren wir den Continental Divide, die große kontinentale Wasserscheide. Ein unscheinbares Schild am Straßenrand, aber die Bedeutung dahinter ist gewaltig: Links von uns nimmt das Wasser den Weg nach Osten, in den Rancheria River, weiter in den Liard River und schließlich in den mächtigen Mackenzie River, der nach satten 4200 Kilometern im Arktischen Ozean endet. Rechts von uns dagegen zieht es die Tropfen in den Swift River, über den Teslin Lake und den Teslin River in den Yukon River, der nach 3680 Kilometern in die Beringsee und damit in den Pazifik mündet. Ein stiller Reminder, dass sich an genau dieser Stelle entscheidet, ob ein Regentropfen einmal im Eismeer oder im Ozean landet – fast schon philosophisch, wenn man drüber nachdenkt.

Während wir noch überlegen, ob unser heutiger Kaffee wohl Richtung Arktis oder Pazifik unterwegs sein wird, fährt Stefan plötzlich langsamer. Er hat gerade das Schild „Rancheria Falls“ passiert. „Moment mal, da war doch was…“ ruft er, tritt auf die Bremse und wendet. Na klar – die Wasserfälle stehen ja noch auf unserer Fotostopp-Liste!

Rancheria Falls

Über einen 500 Meter langen Boardwalk gelangen wir durch den dichten Wald zu zwei Aussichtspunkten. Zwischen den Bäumen öffnet sich die Sicht auf die Wasserfälle, die sich über dunkle Felsen in smaragdgrüne Pools ergießen. Das Wasser tost, schäumt und rauscht, während die Bäume drum herum in allen Herbstfarben leuchten. Ein kleines Naturjuwel, das fast wie versteckt am Highway liegt – und das wir beinahe verpasst hätten. Gut, dass Stefan den Geistesblitz hatte!

Die letzten 130 Kilometer bis Watson Lake versprechen noch einmal großes Kino. Die Straße windet sich durch eine Landschaft, die im Abendlicht fast schon märchenhaft wirkt – Wälder in sattem Grün, dazwischen goldene Tupfer der Espen, und immer wieder Blicke auf Flüsse, die wie glitzernde Bänder durchs Tal ziehen. Wir sind gerade in diesen meditativen „Roadtrip-Flow“ gefallen, als sich plötzlich Bewegung im hohen Gras regt. Eine Elchkuh tritt heraus, groß, majestätisch und begleitet von ihrem Nachwuchs. Die beiden schauen uns an, als wollten sie sagen: „Na, ihr zwei im rollenden Blechkasten, seid ihr auch auf der Durchreise?“ Ein Moment, der uns sprachlos macht – und sofort auf die Liste der „Gänsehaut-Sichtungen“ kommt.

Moose

Doch das Yukon-Kino hat noch eine Zugabe für uns. Kaum 20 Minuten später taucht auf der Straße ein roter Punkt auf. Ein Fuchs! Aber keiner, der schnell verschwindet. Nein, dieser hier ist offenbar noch im Fellpflege-Modus und kratzt sich mitten auf der Fahrbahn seelenruhig den Rücken. Wir rollen langsam näher, fast so, als hätten wir ein Haustier im Garten, das nicht gestört werden will. Erst als wir ein bisschen dichter dran sind, dreht er den Kopf, schaut uns an – neugierig, fast schon frech – und trottet dann gemächlich davon, als hätte er uns absichtlich in seine kleine Show eingeweiht.

Fox

Mit einem breiten Grinsen im Gesicht setzen wir die Fahrt fort. Noch 130 Kilometer bis Watson Lake, aber nach diesen tierischen Begegnungen fühlt es sich an, als wären wir schon mittendrin im nächsten Abenteuer.

Um 19:30 Uhr rollen wir in Watson Lake ein. Der Ort wirkt auf den ersten Blick verschlafen, fast so, als hätte er sich schon längst in den Feierabend verabschiedet. Wir steuern den Downtown RV Park an – praktisch gelegen, mitten im Ort. Das Büro ist zwar verwaist, aber eine kleine Klingel sorgt dafür, dass wir uns nicht wie Eindringlinge fühlen. Sekunden später erscheint ein freundlicher älterer Herr aus dem Nachbarhaus, offenbar der inoffizielle „Nachtwächter des Wohlfühl-Campings“. Mit einem Lächeln und einer Routine, die vermuten lässt, dass er das schon hundert Mal gemacht hat, lotst er uns zu Stellplatz Nr. 3. Strom inklusive – Luxus pur nach einem langen Fahrtag.

Kaum haben wir den Motor abgestellt, meldet sich mein Magen lauthals zu Wort. Also frage ich unseren Gastgeber nach einer kulinarischen Rettung, die um diese Uhrzeit noch erreichbar ist. Seine Antwort ist so direkt wie pragmatisch: „Kathy’s Kitchen. Aber beeilen Sie sich – die machen bald zu.“ Und weil er wohl ahnte, dass wir nicht die Schnellsten sind, schiebt er gleich noch einen Plan B hinterher: „Andrea’s. Bis neun Uhr. Schaffen Sie.“

Andrea’s Restaurant and Lounge

Gesagt, getan. Bei Kathy’s wird tatsächlich schon der Staubsauger geschwungen, also landen wir bei Andrea’s Restaurant and Lounge – einem Ort, der ein bisschen so aussieht, als hätten ein mexikanischer Maler, ein kanadischer Jäger und eine Motelbesitzerin gemeinsam die Inneneinrichtung geplant. Bunte Wände, Landschaftsbilder mit Elchen, dazu das charmante Flair einer Dorfkneipe. Aber hey – hier gibt’s Essen, und das ist jetzt das Wichtigste.

Wir bestellen die hausgemachten Chickenfingers, und was soll ich sagen? Außen knusprig, innen zart, und dazu eine Portion Pommes, die locker einen kleinen Roadtrip-Bus versorgen könnte. Ein echtes Wohlfühl-Essen nach einem Tag voller Kilometer, Elch-Sichtungen und Fuchs-Begegnungen.

Kurz vor 21 Uhr wanken wir satt und zufrieden zurück zum Campingplatz. Watson Lake mag kein Gourmet-Mekka sein, aber in diesem Moment fühlt es sich an wie das Zentrum der kulinarischen Welt. Und unsere Chickenfingers – die werden definitiv in die Hall of Fame unserer Roadtrip-Mahlzeiten aufgenommen.

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