
Von himmlischen Aussichten zu höllischem Hagel – Ein Tag voller Extreme im Canyonlands National Park
Der Tag begann harmlos. Frühstück um 9:00 Uhr, Abfahrt in Richtung Canyonlands National Park. Die Sonne schien, der Himmel war blau, und wir freuten uns auf spektakuläre Ausblicke und entspannte Wanderungen. Niemand ahnte, dass wir am Ende des Tages durch eine biblische Sintflut manövrieren würden.Erster Stopp: Grand View Overlook. Der Name hält, was er verspricht. Tief unter uns erstreckte sich das Canyon-Labyrinth von Canyonlands – eine Mischung aus Marslandschaft und Apokalypse-Szenario. Und weil der Aussichtspunkt direkt am Rand der Klippe lag, kam auch gleich ein bisschen Nervenkitzel dazu. Ein falscher Schritt, und es wäre das letzte Abenteuer gewesen. Aber keine Sorge, wir hielten uns brav an den sicheren Weg und genossen einfach nur die gigantische Weite dieser Steinwelt.

Erster Stopp: Grand View Overlook. Der Name hält, was er verspricht. Tief unter uns erstreckte sich das Canyon-Labyrinth von Canyonlands – eine Mischung aus Marslandschaft und Apokalypse-Szenario. Und weil der Aussichtspunkt direkt am Rand der Klippe lag, kam auch gleich ein bisschen Nervenkitzel dazu. Ein falscher Schritt, und es wäre das letzte Abenteuer gewesen. Aber keine Sorge, wir hielten uns brav an den sicheren Weg und genossen einfach nur die gigantische Weite dieser Steinwelt.
BILDERGALERIE: Grand View Point
Weiter ging’s zum Aztec Butte Trail – ein kurzer, aber nicht ganz unanstrengender Hike, der uns zum krönenden Abschluss auf einen Felsen führte, der es in sich hatte. Knapp 1,80 Meter hoch, steil, glatt – nichts, was ein geübter Erwachsener nicht mit etwas Schwung und Knieeinsatz meistern könnte.
Für Emilia allerdings war das Ding ein echtes Gebirge. Der Gipfel in Sichtweite, aber der Aufstieg: na ja, nennen wir es sportlich ambitioniert. Aber zum Glück waren wir als Team unterwegs – und mit vereinten Kräften, etwas Schwung von unten und gutem Timing von oben, wurde das Ganze zur familiären Gemeinschaftsleistung.

Opa Stefan übernahm die untere Hebebühne, Mama Nadine den Empfangsbereich, und Emilia? Die ließ sich hochreichen wie ein kleiner Kletterprofi im Trainingslager – fest umklammert, leicht kichernd, ein bisschen stolz.
Und oben angekommen, wartete die Belohnung: eine Aussicht, die selbst den jüngsten Wandersleuten kurz den Atem raubte. Rote Weiten, endlose Felsplatten, Weitblick deluxe. Und dazu dieser Wind, der einem das Gefühl gibt, am Ende der Welt zu stehen.

Der Aufstieg war sportlich, keine Frage – aber der Abstieg? Eine glatte Sache. Wörtlich. Denn wer braucht schon alpine Technik, wenn man eine so bewährte Methode im Repertoire hat: Rutschen auf dem Hosenboden. Funktioniert auf Spielplätzen, funktioniert in der Wüste.
Emilia machte’s vor – mit Hingabe, mit Stil und mit der Art von kindlicher Selbstverständlichkeit, die jeden Kletterratgeber überflüssig macht. Das Foto? Der Beweis. Und wir? Folgten ihrem Beispiel. Schließlich soll man ja nicht nur von den Kleinen lernen, sondern sich auch gelegentlich auf deren Niveau begeben – besonders, wenn’s bergab geht.
BILDERGALERIE: Aztec Butte
Nächster Halt: Mesa Arch. Für viele einfach nur ein hübscher Bogen aus Stein – für uns: eine Art heilige Pilgerstätte des Südwestens. Stefan und ich waren bereits zweimal hier gewesen, jeweils zum Sonnenaufgang. Wenn die ersten Sonnenstrahlen den Horizont durchbrechen und das Gestein von innen heraus zu leuchten scheint – in einem tiefen, glühenden Orange, das man nicht fotografieren, sondern eigentlich nur fühlen kann. Ein magischer Moment. Still. Kalt. Und absolut unvergesslich.
Heute? Kein Sonnenaufgang. Kein spektakulärer Lichtritus. Heute war es einfach: Mittag. Die Sonne stand hoch, die Schatten kurz, die Touristen laut. Und trotzdem – Mesa Arch enttäuscht nicht. Nie.

Die Aussicht, die sich durch dieses natürliche Steinfenster eröffnet, ist schlicht atemberaubend. Wie der Blick in eine andere Welt. Tausende Fuß tief fällt die Felskante ab, dahinter öffnet sich das Canyonlands-Panorama wie eine Theaterbühne der Naturgewalten. Scharfkantige Tafelberge, gewundene Canyons, rote Schluchten bis zum Horizont – eine Landschaft wie gemalt. Oder besser: wie von der Schöpfung im künstlerischen Höhenflug geformt.
Wir verbrachten fast eine Stunde dort. Und das, obwohl man die Strecke zum Arch in unter zehn Minuten laufen kann. Aber wer dort einfach nur ein Foto schießt und wieder geht, hat den Sinn dieses Ortes nicht verstanden. Wir saßen auf den Felsen, ließen die Beine baumeln, beobachteten, wie sich Licht und Wolken langsam über die Landschaft bewegten. Noah und Emilia erkundeten neugierig die Umgebung, hielten aber respektvollen Abstand zum Abgrund – was für alle Beteiligten sehr nervenschonend war.
Es war still. Kein Moment zum Reden, sondern zum Staunen. Selbst zur Mittagszeit, ohne das berühmte Leuchten, war dieser Ort voller Kraft und Ruhe. Und wer lange genug hinsieht, erkennt: Es ist nicht der Sonnenaufgang, der diesen Bogen besonders macht – es ist der Blick hindurch.
BILDERGALERIE: Mesa Arch
Letzter Stopp des Tages: der Shafer Trail Overlook. Eine dieser Aussichtsplattformen, bei denen selbst hartgesottene Roadtrip-Veteranen einen Schritt zurück machen – nicht nur wegen der Tiefe, sondern wegen dessen, was sich dort unten windet: eine wahnsinnige Serpentinenstraße aus Staub, Fels und Wahnsinn.
Kaum zu glauben, dass dieser Trail tatsächlich befahrbar ist. Noch unglaublicher: Stefan und ich haben ihn schon gefahren. Und zwar komplett – mit zittrigen Händen, flatternden Nerven und einem Blick, der mehr am Abgrund klebte als auf der Straße.
Heute und etliche Abenteuer später, standen wir wieder oben – mit sicherem Abstand, leichtem Höhenpuls und einer Mischung aus Stolz und ungläubigem Kopfschütteln. Der Blick hinunter: atemberaubend, abschüssig, absurd. Die Straße zieht sich in endlosen Kehren durch das Gestein, wie von einem betrunkenen Riesen in die Landschaft gezeichnet. Unten ein paar winzige Fahrzeuge – oder vielleicht nur Felsbrocken, man weiß es nicht so genau. „Und das haben wir echt überlebt?“, murmelte Stefan, und ich konnte nicht anders als zu lachen. Ja. Haben wir. Und wir haben’s sogar genossen – irgendwie.
Der Wind frischte auf. Nicht nur so ein bisschen. So richtig. Die Art Wind, bei der man automatisch den Rucksack fester schnallt und prüft, ob Kinder und Mützen noch vollständig vorhanden sind. Und auch der Himmel schien plötzlich anderer Meinung über die restliche Tagesplanung zu sein. Dunkle Wolken zogen auf, langsam, aber sehr bestimmt. Auf dem Foto? Gut zu sehen. In der Realität? Noch besser zu spüren.
Zeit, aufzubrechen. Nicht nur, weil es spät wurde, sondern weil sich da draußen etwas zusammenbraute, das man besser nicht mitten im Canyonland aussitzen wollte. Und so stiegen wir ein – mit einem letzten Blick hinunter auf den Wahnsinn in Kurvenform – und rollten davon. Dem Unwetter entgegen. Aber immerhin auf Asphalt.

Zurück im Camper, noch halb versunken in die Eindrücke von Canyonlands, wollten wir eigentlich gemütlich Richtung Moab aufbrechen. Die Sonne war weg, aber der Himmel? Noch unschuldig grau. Stefan sah nachdenklich aus dem Fenster. Dann kam der Satz, den man im Rückblick als prophetisch bezeichnen muss:
„Wir sollten besser los, bevor das Unwetter kommt.“
Ich sah ihn skeptisch an. Draußen: Windstille, ein paar harmlose Wolken, das übliche Nachmittagsgrau. Fünf Minuten später: Weltuntergang.
Plötzlich war der Himmel schwarz. Nicht dunkelgrau – schwarz. Als hätte jemand das Licht ausgemacht. Blitze zuckten wie nervöse Nervenbahnen über den Horizont, der Wind peitschte uns ins Gesicht, als wir gerade noch einsteigen wollten – und dann kam der Hagel.

Aber nicht diese niedlichen kleinen Kügelchen, wie man sie in Deutschland kennt. Nein. Das hier war eine Eismaschine im Overdrive-Modus. Innerhalb weniger Minuten war der Highway überzogen mit einer durchgehenden, glänzenden Eisschicht – eine Autobahn im Schneekugel-Look.
Die Straße verwandelte sich in eine Schlittschuhbahn, und plötzlich standen alle. Autos am Straßenrand, Warnblinker flackerten, Fahrer gestikulierten verzweifelt. Es sah aus wie ein spontaner Übungseinsatz für „Verhalten bei sibirischem Wintereinbruch“, nur dass wir eigentlich in der Wüste waren. Wer sich da noch über Klimawandel lustig macht, hat eindeutig kein Bild von dieser Straße gesehen.
Aber Stefan – Pilot unseres rollenden Eigenheims – blieb cool. Ruhig, konzentriert, keine Panik in der Stimme. Mit der Souveränität eines erfahrenen Lokführers (die er ja ist), steuerte er unseren Camper mitten durch dieses chaotische Eis-Szenario. Kein Rutschen, kein Ruckeln – nur zwei leicht blasse Beifahrer und Kinder auf der Rückbank, die fragten, ob das jetzt Schnee sei oder Zucker.
Die Landschaft sah aus wie frisch überpudert – weiß, glatt, und seltsam surreal. Und in diesem Moment fühlte es sich an, als hätte jemand die Klimazonen vertauscht – Wüste? Schnee? Apokalypse? Alles möglich.
Nach einer gefühlten Ewigkeit, die irgendwo zwischen Skandinavien und Science-Fiction lag, erreichten wir endlich Moab. Durchgeschüttelt, aber heil.
BILDERGALERIE: Gewitter
Der Regen prasselte noch immer gegen die Windschutzscheibe, als wir endlich in Moab einrollten. Aber diesmal kein Outback-Boondocking oder windumtoste Parklücke – unser Campingplatz lag direkt in Downtown. Mit Strom, warmen Duschen und – das Beste – einem Restaurant direkt gegenüber. Kein Auto mehr bewegen, kein Navi bemühen – nur einmal über die Straße.
Na gut – nicht ganz so einfach. Der Parkplatz vor dem Campground hatte sich in eine Art Schlammlandschaft verwandelt, halb Sumpf, halb Reflexionsfläche. Das Regenwasser stand kniehoch in den Pfützen, als würde der Asphalt langsam aufgeben. Aber wir? Hatten nur ein Ziel: Abendessen.
BILDERGALERIE: Moab BRewery
Die Moab Brewery empfing uns mit warmer Luft, leckerem Bierduft – und einem kleinen Dämpfer: 20 Minuten Wartezeit. Kein Problem. Wir vertrieben uns die Zeit im angeschlossenen Merchandise-Shop, der nicht nur Kühlschrankmagneten, sondern eine vollständige T-Shirt-Offensive bereithielt. Und da wir hungrig, durchnässt und offenbar leicht manipulierbar waren, verließen wir ihn mit fünf neuen Shirts und einem etwas verwirrten Blick auf unsere Kreditkarte.
Dann endlich: Essen. Richtiges Essen. Die Speisekarte las sich wie eine Liebeserklärung an Cholesterin, Fleischfans und Craft-Bier-Kultur.
Ribs. Burger. Steak. Hausgebrautes Bier. Alles auf den Tisch, alles rein ins System. Nach einem Tag voller Höhenmeter, Hagelkörner und Herzklopfen brauchten wir Kalorien – und Alkohol. Und zwar dringend.
Satt und zufrieden, leicht benebelt vom Essen (oder dem Bier), wateten wir durch den Matsch zurück zum Camper. Die Kinder wollten nur noch ins Bett. Wir auch. Aber vorher noch eine heiße Dusche – der letzte Luxus des Tages, bevor wir in unsere Betten fielen wie Steinbrocken nach einer Erosion.
Ein Tag wie ein Spielfilm. Mit dramatischer Einleitung, eindrucksvollen Bildern, überraschenden Wendungen, Unwetter-Spezialeffekten und einem Happy End in Form von Grillfleisch und dunklem Ale. Kurz: ein Tag, den wir nicht so schnell vergessen werden.