
Wasserballett, Sturzflüge, Shopping & Steakträume – ein Regentag am Gardasee
Die ganze Nacht hatte es geregnet. Nicht ein bisschen tröpfeln, sondern ein ehrliches, italienisches Dauerprasseln, das selbst hartgesottene Camper irgendwann in die Knie zwingt. Aber hey – hatten wir nicht gestern noch großspurig verkündet, dass wir uns davon nicht die Laune verderben lassen würden? Richtig. Und so startete unser Tag natürlich direkt mit dem ersten Kapitel aus dem Buch “Wie man Regenabenteuer noch stilvoller macht.”
Unfall Nummer 1: Stefan, auf der heroischen Mission, Frühstücksmöglichkeiten auszukundschaften, rutschte auf den nassen Fliesen des Campingplatz-Restaurants aus wie ein Pinguin auf Glatteis. Eleganz: Fehlanzeige. Der Schreck: mittelgroß. Schaden: nur am Stolz.
Unfall Nummer 2: Ich selbst wollte in aller Morgenfrische beschwingt aus dem Camper steigen – in der festen Überzeugung, dass die Trittstufe natürlich draußen sei. War sie aber nicht. Ergebnis: ein kurzer, schwerkraftgetriebener Freiflug direkt ins feuchte Gras. Keine Sorge – die zwei Flaschen Weißwein vom Vorabend hatten daran keine Mitschuld. Sie sind noch originalverschlossen. Ehrenwort!

9:00 Uhr: Wir sammelten unsere leicht lädierten, aber immer noch reisefreudigen Körper ein und machten uns gemeinsam auf ins Campingplatz-Restaurant, wo Croissants, Kaffee und Rührei die schlimmsten Sturzschäden verarzteten. Frisch gestärkt warfen wir anschließend einen Blick auf den Kids Club – Öffnungszeiten gecheckt, Optionen sondiert, alles notiert. Schließlich wollten wir wissen, wann wir die Nachwuchsfraktion fachgerecht zur Bespaßung abgeben könnten.
Angesichts des immer noch mehr als feuchten Wetters reifte schnell der einzig logische Plan: Shopping als Ersatzsportart. Wenn das Leben uns Gummistiefel reicht – dann tauschen wir sie heute eben gegen Kreditkarten. Das Wasserballett wurde kurzerhand durch Einkaufswagen-Ballett ersetzt.

Nur 15 Minuten entfernt lag das Grand Affi Shoppingcenter – und anscheinend hatten noch etwa 500 andere Menschen dieselbe blendende Idee. Es dauerte eine Weile, bis wir unsere beiden Camper – liebevoll “unsere Eigentumswohnungen auf Rädern” genannt – auf einem Parkplatz unterbrachten, der eher nach Notunterkunft für Katastrophenschutzfahrzeuge aussah.
Drinnen: Paradies für Kaufwillige.
Draußen: Regen.
Drinnen: Wärme, Lichter, Konsumträume.
Wir: Mittendrin.
Wir deckten uns erst mal standesgemäß mit Kinderklamotten ein (weil man im Urlaub offenbar IMMER feststellt, dass irgendwas fehlt). Im gigantischen Lebensmittelmarkt entdeckten Stefan und ich dann T-Bone-Steaks von der Sorte “größer als dein Kopf”. Natürlich mussten die mit. So viel Regen verdient schließlich ein kulinarisches Happy End.

Zwischendurch gönnten sich Nadine, Oli und Noah noch einen kurzen Stopp bei McDonald’s – damit Noah seine geliebten Nuggets bekam und wenigstens kurzzeitig alles auf der Welt wieder in Ordnung war. Danach tuckerten wir vollbepackt, vollgefuttert und voll zufrieden gegen 14:30 Uhr zurück zum Campingplatz.
Und siehe da: Der Regen hörte auf!
Ein Wunder. Ein Hoffnungsschimmer. Ein “Jetzt aber raus mit uns!”
Während die Kinder sich begeistert im Kids Club vergnügten (und bis 18:00 Uhr dann auch bitte bleiben sollten), widmeten sich Oli und ich einer etwas weniger glamourösen, aber notwendigen Mission: “Geschäftsreise” zur Entsorgungsstation.

Der Campingplatz hatte nämlich einen genialen Automaten, der Campingtoiletten reinigte, spülte und desinfizierte, während wir dabei zusehen konnten, wie unsere Urlaubswürde ein kleines Stück den Abfluss hinunterspülte. Aber gut: Effizienz hat eben viele Gesichter.
Anschließend wurde es endlich wieder richtig gemütlich. Wir klappten unsere Campingtische und Stühle auf – leicht knarzend, aber zuverlässig wie alte Freunde – und breiteten darauf unsere legendäre Salami-Beute aus Limone aus. Dazu gab’s Saft für die Kleinen, Bier für die Großen und eine Stimmung, die sich mit jedem Schluck und jedem Bissen mehr vom Regenwetter des Vormittags entfernte.

Um Punkt 17:00 Uhr war es dann soweit: Grillzeit. Ein Wort, das bei uns nicht nur für „Essen machen“ steht, sondern für Teamarbeit, rauchige Vorfreude und leicht chaotische Effizienz auf Campingniveau.
Oli und Stefan übernahmen das Kommando am Grill – bewaffnet mit Grillzange und einem Enthusiasmus, als würden sie für eine italienische Steakmeisterschaft antreten. Mit viel Gefühl und noch mehr Rauch legten sie die gigantischen T-Bone-Monster aufs Rost – die wir am Vormittag im Einkaufszentrum erbeutet hatten, stolz wie Großwildjäger mit Kühlfach.
Die Steaks brutzelten, zischten, dufteten – und entwickelten in Windeseile diese herrlich goldbraune Kruste, die einem beim Zusehen schon das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Außen knusprig karamellisiert, innen butterzart – ein Texturkontrast, wie aus einem Grillwerbespot. Man hätte dem Fleisch beim Garen fast applaudieren können.
BILDERGALERIE: Monster-Steaks
Währenddessen gingen Nadine und ich in Stellung: Tisch decken, Besteck suchen, Servietten im Wind festhalten, Salami vom Nachmittag wegräumen, Kinder vom Grill fernhalten, Bier öffnen, Cola einschenken – alles in einem eingespielten Rhythmus, der bei Außenstehenden wahrscheinlich wie ein hektischer Hühnerhaufen wirkte, aber für uns ganz normal war.
Inzwischen waren die Kinder zurück. Noah trug noch die Gewürzstreuer an, Emilia sorgte für Chaos mit Stil – und irgendwann stand tatsächlich alles bereit: Teller, Getränke, Steaks, Beilagen – und eine verdammt gute Stimmung. Dann kam der große Moment.

Die ersten Bissen. Das kollektive Nicken. Dieses lautlose “Mmmh”, das durch keine Sprache ersetzt werden kann. Jeder Bissen war ein kleines, saftiges Fest. Grillfantasien in Echtzeit.
Einziger Nachteil: Ab diesem Moment war der Standard für alle kommenden Mahlzeiten offiziell gefährlich hoch. Denn wie willst du nach goldbraunem T-Bone, Sonnenuntergangsstimmung und einem eiskalten Camper-Bier noch glaubwürdig ein Fertiggericht aus dem Topf verkaufen?
Antwort: gar nicht.
Aber das ist ein Problem für morgen. Heute zählen nur volles Fleischglück, entspannte Gesichter – und der Duft von Urlaub, der in jeder Poren hängt wie ein gutes Parfüm.
Regen hin oder her – der Gardasee hatte uns offiziell zurück. Nach dem Essen äußerte Noah noch einen Wunsch, der nicht warten konnte: Ein kurzer Spaziergang zum See – zum Steine flitschen. Also Oma-Time.
BILDERGALERIE: Abends am See
Wir spazierten ans Ufer. Noah sammelte konzentriert flache Steine, visierte die perfekte Stelle an und ließ sie über die Wasseroberfläche tanzen – fünf Mal sprang ein besonders gut geworfener Stein, bevor er sanft versank. Fünf Sprünge! Stolz wie ein Weltmeister, und ich nicht weniger stolz daneben.
Zurück am Camper machten wir uns gemütlich bettfertig – was bei Kindern nie ganz geradlinig verläuft. Noah und Emilia drehten noch eine kleine Extra-Runde „Rund um den Camper“, als wäre das hier ein nächtliches Abenteuertrainingslager. Aber irgendwann siegte die Müdigkeit. Einer nach dem anderen verschwand in seiner Koje, das Licht wurde gedimmt, das Tagwerk getan.
