Von Sissis Appartement bis Falcos Grab
und zum Schluss ein Bier im Prater
Der zweite Tag begann wie der erste: mit einem energiegeladenen Noah und einem Kaffeewunsch in der Hand.Also zogen wir beide wieder los – Frühstück jagen, wie die Kaiser von einst, nur dass wir nicht mit Pferd und Karosse kamen, sondern mit flottem Schritt und Google Maps. Zurück im Apartment, gab’s erstmal Croissants, Obst und den letzten Rest Familienenergie, dann hieß es: Packen. Rein ins Auto. Raus zur Hofburg.
Wir parkten mitten in der Innenstadt – strategisch günstig, aber mit dem Risiko, jeden Wiener Parkplatzfluch auf uns zu ziehen – und tauchten ein in die Welt von Habsburgs Pomp und Porzellan. Der erste Eindruck: Die Hofburg weiß, wie man Eindruck macht.
Außen monumental, innen… sagen wir: eine Mischung aus „Downton Abbey auf Speed“ und „Sissi in 4K“. Rote Samtsessel, goldene Wände, Kronleuchter, die vermutlich mehr wiegen als unser Golf. Und überall dieses Gefühl, dass hier jemand mit sehr viel Zeit und noch mehr Besteck gelebt hat.

Noah stürmte mutig voran – direkt durch die Einführungsräume der Kaiser-Apartments. Wir Erwachsenen kämpften noch mit der ersten Audioguide-Station, während er bereits die roten Teppiche auf Sprungfedern testete. Jeder neue Raum ein Abenteuer: „Ist das ein Thron?“, „Warum hängt da ein Mann mit Schnurrbart?“ und „Darf man sich hier hinsetzen?“ – Spoiler: nein, darf man nicht.
Dann: die Silberkammer. Oder besser gesagt: das olympische Finale im Tafelsilberstapeln. Schublade um Schublade voll mit Löffeln, Gabeln, Messern – man fragt sich unweigerlich, wie viele Gänge ein durchschnittlicher Habsburger Mittag hatte. Und wo zur Hölle sie die Spülmaschine versteckt haben.

Die Sissi-Ausstellung war natürlich Pflicht – mit dem legendären Kleid in Glaskuppel-Inszenierung. Noah verstand nicht ganz, warum man für ein Kleid ein ganzes Zimmer braucht, aber er war beeindruckt vom Glitzerfaktor. Wir Erwachsenen versuchten, den tragisch-melancholischen Unterton der Ausstellung ernst zu nehmen – bis Noah fragte, ob man sich „darin auch verkleiden“ darf. Na ja, zumindest ein Selfie vor dem Kleid war drin.

Zum Schluss noch einmal durch die prunkvolle Tafelhalle: Meterlange Tafeln, vergoldetes Geschirr, Servietten in Schwanenform – und wir so: “Heute Abend gibt’s Spaghetti mit Tomatensauce.” Der Kontrast könnte nicht schöner sein.
Nach so viel Prunk, Porzellan und Pomp stand als nächstes etwas Bodenständigeres auf dem Programm: ein Ausflug zum Wiener Zentralfriedhof. Klingt morbider, als es war – denn was hier ruht, hat Weltgeschichte geschrieben. Oder zumindest Musikgeschichte.
Beethoven, Brahms, Strauss, Falco, Udo Jürgens, Curd Jürgens – als wäre das hier die VIP-Lounge der Ewigkeit. Zwischen gepflegten Alleen und blühenden Beeten stehen sie, die großen Namen in Stein gemeißelt, flankiert von Engeln, Urnen und der einen oder anderen goldenen Leier. Noah suchte vergeblich nach Dinosauriern, wir suchten nach Promis, und am Ende fanden wir auch: eine pinkfarbene Wurst als Grabskulptur.
Zentralfriedhof
Wir wissen bis heute nicht, wer da liegt – aber eins ist sicher: Der oder die hatte Humor. Und vermutlich eine Vorliebe für Extrawurst. Nach dieser seltsam schönen Mischung aus Ehrfurcht und Absurdität fuhren wir weiter – nächste Station: Prater.

Wir flanierten vorbei an Achterbahnen, Zuckerwatte, einem Riesenrad, das sich stolz in den Himmel dreht, und einem Kinderkarussell, das Noah ganz allein eroberte. Wir anderen verzichteten heldenhaft auf wilde Fahrten – nicht aus Angst, sondern weil die Müdigkeit uns langsam einholte. Und weil wir uns für etwas viel Wichtigeres aufheben wollten: das Mittagessen.
Im Schweizerhaus – der kulinarischen Institution mitten im Prater – fanden wir alles, was man nach einem kulturellen Overkill braucht: Krautsalat, Stelze, Bier, und eine Speisekarte mit Herzhaftigkeit zum Anfassen.
Wir ließen uns nieder, bestellten einmal quer durch die Karte und blickten zufrieden auf zwei Tage, die eigentlich gar nicht hätten stattfinden sollen. Und dann? Dann ging’s zurück. Sonntagabend, spät. Der Golf rollte wieder gen Heimat – diesmal nicht mit Nachtfahrt-Romantik, sondern mit müden Beinen, einem übervollen Handyspeicher und dem Gefühl: Manchmal sind die ungeplanten Reisen die besten.