Entlang des Alaska Highways: Ein Abenteuer von Skagway bis Burwash Landing
Der Morgen begann vielversprechend: Frisch geduscht und voller Tatendrang starteten wir in den Tag. Man weiß ja nie, wann die nächste Gelegenheit kommt, sich gründlich frisch zu machen – besonders auf einem Roadtrip wie diesem! Nachdem wir also die Campingplatz-Duschen ordentlich genutzt hatten, stand der Vormittag ganz im Zeichen von Skagway, diesem charmanten kleinen Goldrausch-Städtchen, das einfach zum Verlieben ist.
Die Straßen glitzerten noch von der nächtlichen Regendusche, und dicke Wolken hingen wie ein Vorhang über den Bergen. Doch der Regen hatte pünktlich aufgehört, und unsere Stimmung war genauso aufgeklart wie der Himmel. Unser Plan? Ein bisschen bummeln, vielleicht ein paar Souvenirs ergattern und uns später mit einem leckeren Mittagessen belohnen. Aber erstmal warteten ein paar praktische Pflichten auf uns.
Wir zahlten die Gebühr für unseren Stellplatz und nutzten die Gelegenheit, unser Abwasser loszuwerden. Die Entsorgungsstation war glücklicherweise gut ausgestattet – man merkt, dass die Campgrounds in Alaska auch für Roadtrip-Veteranen wie uns gemacht sind. Schon bei unserer Ankunft hatte ich die Besitzerin des Platzes per E-Mail informiert, dass wir aufgrund unseres Ausflugs nach Juneau die Zahlung erst bei der Abreise erledigen könnten. Sie hatte darauf so herzlich geantwortet, dass ich fast das Gefühl hatte, sie persönlich zu kennen. Sie bedankte sich sogar für die Info, was selten vorkommt, und erkundigte sich nach unserem Trip. Als ich ihr von unserem Traumwetter in Juneauerzählte, freute sie sich mit uns – immerhin ist Sonne in der Hauptstadt Alaskas fast so selten wie eine Bärenbegegnung im Großstadtdschungel.
Nachdem die Formalitäten erledigt waren, wartete Stefan schon draußen auf mich – natürlich nicht, ohne mit unserem treuen Ford-Bullen bereit zu stehen. Nächste Mission: Tanken. Ein einfacher Plan, könnte man meinen. Aber wer unsere Abenteuer mit Alaskas Zapfsäulen kennt, weiß, dass das ein Kapitel für sich ist.
Die Zapfsäule spielte auch dieses Mal nicht mit. Kaum hatten wir einen Dollar getankt, wurde der Vorgang abgebrochen. Ein Déjà-vu! Also ab in den kleinen Tankstellen-Shop, wo ich einer freundlichen Mitarbeiterin unser Problem schilderte. Sie erklärte geduldig, dass das System die Kreditkarte zuerst mit einem Dollar autorisiert, dann aber abbricht, wenn es Schwierigkeiten mit der Erkennung gibt. Offenbar war das eine Sicherheitsfunktion, die unsere deutschen Karten nicht so recht verstehen wollten – ähnlich wie die leidige Abfrage der Postleitzahl.
Mit einem Augenzwinkern und einem charmanten Lächeln der Dame im Shop zahlte ich direkt im Häuschen. Endlich durfte unser Camper den lang ersehnten Sprit schlürfen. Stefan, der inzwischen geübt darin war, die Zapfpistole zu bedienen, kommentierte trocken: „Manchmal fühlt sich das Tanken hier abenteuerlicher an als der Dempster Highway.“
Mit vollem Tank, frisch geduscht und bestens gelaunt rollten wir zurück ins Herz von Skagway. Die Straßen des kleinen Städtchens warteten darauf, von uns erobert zu werden – und wer weiß, welche Geschichten dieser Tag noch für uns bereithalten würde.
Wir parkten unseren Camper in einer ruhigen Seitenstraße, wo er sich perfekt einfügte, und machten uns gut gelaunt auf den Weg in die charmante Innenstadt von Skagway. Die bunten Holzhäuser mit ihren historischen Fassaden wirkten, als hätte man sie direkt aus der Goldrauschzeit herübergerettet – eine Atmosphäre, die sofort gute Laune machte.
Unser erster Stopp war der gigantische Shop der Alaska Shirt Company. Hier konnte wirklich niemand widerstehen! Die Regale waren vollgepackt mit T-Shirts und Sweatshirts in allen erdenklichen Farben und Designs, und eines war niedlicher als das andere. Oma und Opa – also wir – fühlten uns verpflichtet, unseren 2-jährigen Enkel mit ein paar besonders putzigen Teilen einzudecken. Natürlich gönnten wir uns selbst auch ein paar stylische Souvenirs. Schließlich waren wir ja in Alaska – das musste man zeigen!
Im Harley Davidson Shop wurde unsere Shopping-Laune noch gesteigert, als wir ein unschlagbares Angebot entdeckten. Der End-of-Season Sale bescherte uns ein zweites T-Shirt zum halben Preis. Da konnte man doch nur zuschlagen, oder? Zufrieden mit unserer Beute zogen wir weiter, immer noch auf der Jagd nach den besten Mitbringseln.
Die nächste Station war die Skagway Brewing Co., wo ich nicht widerstehen konnte. Ein paar Biere und ein neues Pint-Glas für meine Sammlung mussten einfach mit. Schließlich soll zu Hause niemand vergessen, wie viel Spaß wir hier hatten.
Gegen 11 Uhr lockte uns der verführerische Duft frischer Doughboys zur Klondike Doughboy Baker. Diese gigantischen, fluffigen Teigkissen hatten uns bereits vor zwei Jahren in ihren Bann gezogen, und auch diesmal waren sie ein absolutes Highlight. Wir teilten uns einen Doughboy – und nein, das war keine kleine Portion! Jeder Bissen war ein köstlicher Genuss, der uns in den Himmel der Süßspeisen entführte.
Bevor wir uns endgültig von Skagway verabschiedeten, legten wir noch einen kurzen Stopp bei der örtlichen Post ein. Briefmarken mussten her – für die Postkarten, die wir mit unseren Abenteuergeschichten füllen wollten.
Die Weiterreise nach Whitehorse verlief dieses Mal deutlich zügiger. Auf unserer Hinfahrt hatten wir bei strahlendem Sonnenschein unzählige Fotostopps eingelegt, doch heute waren die dicken Wolken und der gelegentliche Nieselregen weniger einladend. Also rollten wir gemütlich vorwärts, ließen die Landschaften an uns vorbeiziehen und freuten uns auf das nächste Kapitel unserer Reise.
Um 14:30 Uhr erreichten wir Whitehorse, wo wir zuerst an der Tankstelle einen kurzen Stopp einlegten – schließlich wollte unser treuer Ford-Bulle nicht durstig bleiben. Danach ging es weiter zum Save-On-Foods, einem großen Supermarkt, um ein paar Kleinigkeiten einzukaufen. Der Einkauf verlief schnell und effizient – wir waren mittlerweile echte Profis darin, genau das Nötige zu besorgen, ohne uns von all den bunten Verpackungen und verlockenden Angeboten ablenken zu lassen.
Wieder unterwegs, begann das nächste Kapitel unserer Reise: die Rückfahrt. Unser Ziel war Fairbanks, satte 950 Kilometer entfernt. Natürlich war uns klar, dass wir diese Strecke nicht an einem Tag schaffen würden – besonders, da es bereits Nachmittag war. Aber genau das ist ja das Schöne am Reisen mit dem Camper: Man fährt so weit, wie die Lust und die Straße einen tragen, und findet unterwegs immer ein schönes Plätzchen zum Übernachten.
Der erste Plan: ein Halt in Haines Junction, um dort etwas zu essen. Doch bevor wir den Ort erreichten, entdeckten wir den Otter Falls Cutoff Truck Stop am Straßenrand. Und wie könnte man an einem Truck Stop vorbeifahren, ohne einen Blick hineinzuwerfen? Unsere bisherigen Erfahrungen mit diesen charmanten Raststätten waren durchweg positiv, und so hielten wir ohne Zögern an.
Der Truck Stop entpuppte sich als wahre Mischung aus allem: ein bisschen Souvenirshop, ein Mini-Lebensmittelgeschäft, ein kleines Restaurant und eine Verkaufstheke, die an eine klassische Tankstelle erinnerte. Hier gab es wirklich alles, was man sich auf einer langen Reise wünschen könnte – von Eiskrem über Karten bis hin zu lokalem Kunsthandwerk. Der Raum hatte diesen rustikalen, einladenden Charme, den nur solche Orte ausstrahlen können.
Hinter dem Tresen stand eine junge Frau mit auffälligen, bunten Dreadlocks und glitzerndem Lidschatten, die uns mit einem breiten Lächeln begrüßte. Sie fragte freundlich, wie sie uns helfen könne. „Essen!“, war unsere klare Antwort. Mit einem Nicken deutete sie auf die beiden schwingenden Türen, hinter denen der Koch bereits auf unsere Bestellung wartete.
Da wir die einzigen Gäste waren, fühlte es sich an, als hätten wir den ganzen Truck Stop für uns. Die Atmosphäre war entspannt, fast familiär, und wir konnten in Ruhe die kleine Speisekarte studieren. Während wir warteten, plauderten wir mit der jungen Frau, die uns erzählte, wie sie hier in der Wildnis des Yukon gelandet war. Sie hatte einen Humor, der so bunt war wie ihre Dreadlocks, und brachte uns mit ihren Geschichten über die skurrilen Gäste, die hier manchmal auftauchen, ordentlich zum Lachen.
Wir bestellten Burger und Spaghetti, und der Koch verschwand sogleich hinter die schwingenden Türen, um sich an die Arbeit zu machen. Während wir warteten, ließ ich meinen Blick durch den kleinen, charmanten Truck Stop schweifen. Mein Interesse fiel auf ein Regal mit Souvenir-T-Shirts, die stolz den Aufdruck „Otter Falls Cutoff“ zur Schau stellten. Der Preis? 25 kanadische Dollar. „Nicht schlecht“, dachte ich mir, „aber in manchen Hard Rock Cafés bin ich schon günstiger weggekommen.“ Trotzdem hatte ich ein Schmunzeln auf den Lippen – schließlich hatte dieser Truck Stop seinen ganz eigenen Charme.
Keine zehn Minuten später wurden uns zwei dampfende Teller serviert, und was soll ich sagen: Das Essen war nicht nur schnell, sondern auch absolut köstlich! Der Burger war saftig, die Spaghetti perfekt al dente – eine wahre Gaumenfreude, die uns die nötige Energie für die bevorstehende Fahrt verlieh. Es war einer dieser unscheinbaren Orte, an denen das Essen überraschend gut ist – eine dieser kleinen Überraschungen, die das Reisen so besonders machen.
Nachdem wir uns ordentlich gestärkt hatten, ging es zurück auf den Alaska Highway. Die Straße erstreckte sich vor uns, und mit jedem Kilometer schien die Landschaft wilder und unberührter zu werden. Nur kurze Zeit später erreichten wir Haines Junction, das wir jedoch kurzerhand links liegen ließen. Da unsere Mägen bereits bestens versorgt waren und wir nichts weiter benötigten, gab es keinen Grund anzuhalten.
Stattdessen fuhren wir einfach weiter in Richtung Norden, gespannt darauf, wohin uns die Straße an diesem Tag noch führen würde. Das Abenteuer war noch lange nicht vorbei, und die Wildnis des Yukon lag wie ein verheißungsvolles Versprechen vor uns.
Man könnte meinen, der Alaska Highway, die Lebensader, die die Lower 48 mit Alaska verbindet, sei voller Leben und Fahrzeuge. Aber weit gefehlt! Tatsächlich ist diese legendäre Route oft so menschenleer, dass man sich fast wie auf einer einsamen Expedition fühlt. Über viele Kilometer hinweg begegnet man nichts und niemandem – außer vielleicht ein paar unerschrockenen Roadtrippern oder Einheimischen, die sich durch die abgelegene Wildnis bewegen.
Die Straße selbst ist ein Abenteuer für sich. Einige Abschnitte sind bestens asphaltiert, doch dann schlägt sie plötzlich in holprige Schotterstraßen um. Und die berüchtigten Bodenwellen, verursacht durch das Absinken des Permafrostbodens, geben unserem Camper regelmäßig das Gefühl, auf einer Achterbahn unterwegs zu sein. Hinzu kommen die unvermeidlichen Baustellen – unverzichtbar, um die Straße instand zu halten. Diese Strecke ist definitiv keine sterile Autobahn, sondern eine rauchige, holprige Reise mitten durch die Wildnis.
Und dann, nur wenige Kilometer hinter Haines Junction, wird unsere Geduld mit einer unerwarteten Begegnung belohnt. Direkt vor uns schlendert ein Schwarzbär seelenruhig über die Straße. Ein wirklich prachtvolles Exemplar! Er bewegt sich mit einer Gelassenheit, die uns unwillkürlich zum Schmunzeln bringt – keine Hektik, kein Stress, nur ein Bär, der sich Zeit für seine Überquerung nimmt.
Wir halten natürlich sofort an, schalten den Motor aus und genießen diesen magischen Moment. Der Bär scheint sich unserer Anwesenheit bewusst zu sein, aber er würdigt uns keines Blickes. Es ist sein Revier, und wir sind nur Gäste. Als er schließlich im Unterholz verschwindet, bleibt nur die Erinnerung an diese besondere Begegnung – und vielleicht ein paar Fotos, die uns daran erinnern, warum wir diese Reise überhaupt unternommen haben.
In Destruction Bay legten wir einen wohlverdienten Zwischenstopp ein, um die beeindruckende Aussicht auf den malerischen Kluane Lake zu genießen. Der Anblick dieses türkisblauen Gewässers, eingerahmt von den schneebedeckten Bergen des Kluane Nationalparks, war einfach atemberaubend. Wir standen dort eine Weile, ließen die Landschaft auf uns wirken und fühlten uns wie in einer Postkartenidylle gefangen.
Nach diesem kurzen Moment der Ruhe setzten wir unsere Reise fort. Kilometer um Kilometer fuhren wir entlang des Alaska Highway, begleitet von der unermüdlichen Wildnis des Yukon. Gegen 19:30 Uhr erreichten wir schließlich Burwash Landing, ein winziges Fleckchen, das sich mit dem Titel “Heimat der größten Goldpfanne der Welt” schmückt. Diese beeindruckende Goldpfanne, die stolze acht Meter im Durchmesser misst, hatten wir bereits bei unserer letzten Durchfahrt abgelichtet. Heute aber fiel uns etwas anderes ins Auge: Ein Schild mit der verheißungsvollen Aufschrift “Overnight Parking Welcome”.
„Perfekt!“, dachten wir uns. Nach all den Kilometern, die wir bereits hinter uns hatten, klang das nach genau der Art von Pause, die wir brauchten. Stefan steuerte unseren treuen Camper geschickt auf einen Parkplatz zwischen herbstlich gefärbten Bäumen. Die Szenerie hätte aus einem Gemälde stammen können – die Farben des Laubs, die Ruhe, die Einsamkeit. Und das Beste daran? Es kostete uns keinen einzigen Cent.
Wir fühlten uns wie clevere Abenteurer, die einen echten Geheimtipp gefunden hatten. Während Stefan den Camper für die Nacht einrichtete, machte ich es mir bereits gemütlich. Draußen begann die Dämmerung, und wir genossen den Moment, völlig abgeschieden von jeglicher Hektik, mitten im Herzen der Yukon-Wildnis. Eine Übernachtung, wie sie idyllischer kaum sein könnte – und absolut kostenlos.