Corniglia, Riomaggiore, Manarola – und der Via dell’Amore ❤️

Ein neuer Tag, ein neues Abenteuer – diesmal auf Schienen. Frühstück? Natürlich stilecht im Camper, mit frischen Croissants und Brötchen vom Campingplatz-Store, die wir am Vorabend bestellt hatten. Während Stefan und Nadine das Frühstück zubereiten, mache ich mich auf den Weg zur Rezeption und hole unsere duftende Backware ab. Geschirrspülen? Das verschieben wir ganz pragmatisch auf den Abend – schließlich ruft heute die Cinque Terre, und zwar laut.

Bahnhot Levanto

Weniger als zehn Minuten zu Fuß, und schon stehen wir am Bahnhof von Levanto. Der Zug fährt pünktlich um 10:05 Uhr ab, Ziel: Corniglia. Nach nur 15 Minuten steigen wir aus und nehmen direkt den Shuttlebus hinauf ins Dorf. Wer nicht hochlaufen will (es wären 377 Stufen), ist hier richtig – wir lassen uns also komfortabel auf den Berg kutschieren.

Oben angekommen, empfängt uns Corniglia mit einem leisen „Willkommen“ zwischen Olivenbaum und Wäscheleine. Kein Lärm, kein Hafen, kein Schiff, das dröhnt – Corniglia liegt stolz, etwas abseits vom Wasser, auf einem steilen Felsen. Als wolle es sagen: „Wer hierher will, muss es auch wirklich wollen.“

Die Gassen? Eine Mischung aus verwinkelter Postkartenidylle und italienischem Alltag. Bunte Hauswände, teils verwittert, teils frisch gestrichen, recken sich in engen Reihen den Hang hinauf. Dazwischen: kleine Läden mit Töpferwaren, handgeschriebene Tafeln, auf denen Pasta-Sorten wie Gedichte klingen. Es riecht nach Lavendel, Zitrone, frisch aufgebrühtem Espresso – und nach diesem Stein, der sich nach dem Nieselregen warm und lebendig anfühlt.

Alles hier scheint ein bisschen aus der Zeit gefallen – aber auf die schönste Weise. Überall Blumen: auf Fensterbänken, an Laternen, sogar aus Ritzen in der Mauer.

Das Eiscafé „Alberto“ ist ein Volltreffer. Einmal Gelato mit Meerblick, bitte – auch wenn das Meer hier nur am Horizont glitzert. Wir sitzen ein paar Minuten auf einer der Bänke und schauen in die Landschaft, die sich dramatisch Richtung Ligurische Küste absenkt. Es ist nicht spektakulär – aber eben genau das macht Corniglia so besonders. Es ist nicht laut. Es ist nicht aufdringlich. Es ist einfach nur schön.

Wer die Cinque Terre sucht – mit Ruhe statt Rummel –, ist hier genau richtig. Corniglia macht nichts für den großen Auftritt. Und gewinnt gerade damit.

Doch so ruhig und charmant Corniglia auch ist – der Fahrplan ruft. Für Nadine, Stefan und Emilia geht’s mit dem Shuttlebus wieder hinunter zum Bahnhof. Bequem, schnell, windgeschützt. Emilia winkt uns noch kurz zu – nicht ohne ein bisschen Stolz, dass sie den Ort ganz oben nun ebenfalls „erobert“ hat.

Und wir? Oli, Noah und ich? Wir laufen. Natürlich. 377 Stufen liegen zwischen uns und dem Gleis – aber was sind schon 377 Stufen, wenn man halbwegs ausgeschlafen ist, festes Schuhwerk trägt und eine ordentliche Portion Entdeckerlust im Gepäck hat?

Die Treppe ist steil, schmal und zieht sich wie ein steinerner Schlangenpfad den Hang hinunter. Zwischen den Stufen blüht es hier und da und der Blick – der ist schlicht grandios. Links die steilen Hänge, rechts das offene Blau des Ligurischen Meers, dazwischen Olivenhaine und Weinreben.

Kniefreundlich ist anders, ja. Aber wir nehmen’s mit Humor, Noah zählt die Stufen laut mit (irgendwo bei 59 hört er auf) und freuen uns auf den nächsten Halt. Der Muskelkater? Kommt später.

Denn jetzt wartet Etappe zwei: Riomaggiore.

Scalinata Lardarina

Ankunft in Riomaggiore – und zack, wieder mitten im Cinque-Terre-Kino. Dieses Dorf ist kein Ort, es ist ein Erlebnis. Ein Wimmelbild aus Farbe, Stein und Leben. Überall Gassen, Stufen, Blumentöpfe, flatternde Wäscheleinen, Katzen mit Revieranspruch, Boote auf Böcken und Touristen mit Kamera im Anschlag.

Wir steigen erst einmal durch einen neonblauen Tunnel – ja, richtig gelesen – direkt ins Herz des Dorfes. Und das pulsiert. Riomaggiore lebt und atmet in allen Farben. Die Fassaden sind ein Flickenteppich aus Gelb, Orange, Rosa und Terrakotta. Fensterläden knarzen im Wind, irgendwo dudelt Musik, und der Duft von Pizza mischt sich mit dem von salziger Seeluft und Zitrusbäumen.

Riomaggiore

Natürlich kraxeln wir zum Castello hoch. Ein paar Treppen, ein paar Kurven, und dann stehen wir oben – auf einem der spektakulärsten Aussichtspunkte des Ortes. Hinter uns: die alten Mauern des Castello di Riomaggiore, vorne: der Blick über das Meer und die Häuser, die sich wie bunte Legosteine den Hang hinaufstapeln. Und mittendrin? Wir. Atemlos, aber glücklich.

Noah zählt die Boote im Hafen, während ich versuche, mit dem Blick alle Farben aufzusaugen, bevor wir wieder hinuntersteigen. Riomaggiore ist nicht groß – aber es steckt so viel Italien in diesen paar Straßen, dass man glatt den Überblick verlieren könnte. Und genau das macht es so wunderbar.

Durch schmale Gassen und über enge Steinstufen geht es wieder nach unten – der Rückweg wirkt plötzlich kürzer, die Beine leichter. Ob’s am Hunger liegt oder an der Aussicht auf eine echte italienische Mittagspause? Wahrscheinlich beides.

Unser Ziel: das „Il Maggiore“ – direkt an der belebten Via Colombo, mitten im Herzen von Riomaggiore. Kein Geheimtipp, aber ein Volltreffer. Wir ergattern einen Platz draußen auf dem kleinen Podest vor dem Restaurant, mit perfektem Blick auf das bunte Straßentreiben. Es riecht nach Meer, Pizza und Urlaub.

Il Maggiore Cinque Terre

Pizza für die einen, Pasta für die anderen, dazu ein bisschen Bruschetta, eiskaltes Wasser und – natürlich – ein Espresso zum Abschluss. Kein Chi-Chi, keine Food-Deko, sondern einfach ehrlich gutes Essen, wie es hier eben sein soll: salzig, sonnig, zufriedenstellend.

Der Blick aufs das Treiben in dem belebten Dorf, die Teller leer, die Gesichter entspannt – Pause geglückt.

Um 16 Uhr haben wir ein festes Date. Und zwar mit einem der berühmtesten Spaziergänge Italiens: dem Via dell’Amore. Eine halbstündige Mini-Wanderung, die nicht weniger verspricht als Romantik, Ausblick und italienisches Kino-Feeling in Reinform.

Der Weg zwischen Riomaggiore und Manarola war jahrelang geschlossen, weil Felsstürze und Erosion ihm ziemlich zugesetzt hatten. Aber – grazie al cielo! – seit wenigen Wochen ist er wieder offen. Und wir hatten das Glück, genau zum richtigen Zeitpunkt hier zu sein. Denn: Wer zu früh kommt, steht vor Bauzäunen. Wer zu spät kommt, steht in der Schlange.

Via dell Amore

Wir sind genau richtig. Obwohl heute Ostermontag ist, ist es erstaunlich ruhig – Vorteil der Nebensaison. Und weil wir schon eine halbe Stunde vor unserer gebuchten Zeit am Einstieg sind, dürfen wir einfach losgehen. Kein Anstehen, kein Gedränge – nur wir, der Pfad, das Meer.

Und was für ein Pfad! Links die steilen Felsklippen, an denen sich kleine Pflanzen in den Stein klammern, rechts das offene Meer – türkis, schimmernd, endlos. Dazwischen ein perfekt angelegter Weg mit Geländern, Sitzbänken und unzähligen Liebesschlössern, die sich in allen Zuständen zwischen „frisch poliert“ und „rostig, aber romantisch“ präsentieren. Hin und wieder bleibt man stehen – nicht aus Erschöpfung, sondern weil der Ausblick einem schlicht den Atem raubt.

Der Weg selbst ist kurz – etwa 30 Minuten mit Fotopausen – aber jede dieser Minuten ist ein Postkartenmotiv. Klippen, Wellen, Boote in der Ferne, Möwen über dem Kopf. Ein italienisches Gemälde, das sich bei jedem Schritt verändert. Und mittendrin wir – als wäre dieser Weg nur für uns neu eröffnet worden.

Manarola. Mein Lieblingsdorf. Punkt.

Vielleicht liegt es an den Farben. Vielleicht an diesem ganz besonderen Licht. Aber ganz sicher liegt es einfach an diesem einen Fotospot, den ich so spektakulär finde.

Der Weg vom Bahnhof hinein ins Dorf führt uns wie durch eine Postkartenkulisse. Enge Gassen, gelb-rosa Häuser mit grün schimmernden Fensterläden, Weinstöcke an den Hängen, Katzen auf Fensterbänken, Wäsche über den Köpfen – und das Meer, das irgendwo zwischen den Häuserschluchten aufblitzt, als wolle es sagen: „Da bin ich, bella.“

Wir schlendern gemütlich durch die kleine Hauptstraße. Gelato-Alarm! Direkt auf dem Weg zum Hafen gibt es eine Eisdiele, die nicht nur aussieht wie aus einem italienischen Bilderbuch, sondern das Eis auch genau so schmeckt. Alle greifen zu – Noah und Emilia entscheiden sich für Schokolade, Stefan testet Limone, ich wähle klassisch Nocciola.

Unten am Hafen trennen sich kurz unsere Wege. Oli geht mit den Kindern ganz runter ans Wasser, wo die Wellen gegen die schwarzen Steine schlagen – ein Spiel aus Gischt, Gelächter und nassen Füßen. Emilia quietscht vor Freude, Noah versucht, die Wellen mit ausgestrecktem Zeigefinger zu stoppen. Spoiler: Es klappt nicht. Stefan und Nadine setzen sich auf eine Bank und genießen die Aussicht.

Ich hingegen biege ab – nach rechts, den Hügel hinauf. Mein Ziel: der meiner Meinung nach schönste Aussichtspunkt der Cinque Terre. Eine kleine Plattform oberhalb des Hafens, mit Blick auf das gesamte Dorf, das sich wie eine bunte Legokulisse an die Felsen schmiegt. Dieser Blick – mit dem dunklen Blau des Meeres, den Booten unten im Wasser und den Häusern, die in der Nachmittagssonne leuchten – ist für mich einer der magischsten Momente dieser ganzen Reise.

Viele Fotos später gehe ich zurück. Ich treffe die anderen wieder am Hafen. Noch ein letzter Blick. Noch ein tiefes Einatmen. Ciao, Manarola. Wir sehen uns wieder. Ganz sicher.

Maranola

Wir gehen zum Bahnhof. Der Zug ruckelt uns zurück nach Levanto, unserem Start- und Endpunkt für diesen Tag voller bunter Fassaden, steiler Stufen und Eis-mit-Meerblick-Momenten. Die Kinder lehnen müde an den Fenstern, wortlos, aber mit diesem Blick, der sagt: „Das war richtig gut.“ Auch wir Erwachsenen sagen wenig – nicht, weil uns nichts einfällt, sondern weil alles gesagt ist. Der Tag wirkt noch nach.

Am Bahnhof angekommen, schalten wir wie auf Knopfdruck zurück in den Versorgungsmodus: Nadine, Oli und Stefan nehmen den Weg zum Supermarkt – nur um festzustellen, dass Google Maps und italienische Nebenstraßen manchmal unterschiedliche Vorstellungen von „logischem Rückweg“ haben. Fazit: ein kleiner Umweg, ein paar Schritte mehr auf dem Zähler, aber dafür mit Einkaufstasche und Lächeln zurück am Platz. Noah, Emilia und ich? Wir gehen einfach vom Bahnhof direkt zum Campingplatz. Zielgerichtet. Ohne Umweg. Ohne Verlaufen. Man muss es auch mal sagen.

Zurück am Camper folgt, was man in Hochglanzbroschüren wohl „entspannte Familienzeit“ nennen würde – bei uns heißt das schlicht: Vesper unterm Markisendach. Kein Kellner, keine Weinkarte, kein Chi-Chi. Dafür: drei Sorten Salami aus dem Salami-Haus in Limone, frisches Brot, ein paar Käseecken und ein gut gekühltes Glas Weißwein. Dazu das entfernte Plätschern des Campground-Alltags und ein leises Gluckern aus dem Abwasserschlauch des Nachbarfahrzeugs. Italienischer geht’s kaum.

Was für ein Tag. Drei von fünf Dörfern haben wir geschafft: Corniglia, Riomaggiore und Manarola. Jeder Ort anders, jeder mit seinem ganz eigenen Charakter – vom Felsendorf mit Aussicht bis zum Liebespfad mit Meerblick. Jeder Ort ein bisschen anstrengend, ein bisschen magisch und hundert Prozent Cinque Terre.

Und morgen? Da fehlen noch zwei. Monterosso und Vernazza stehen auf dem Plan. Zwei Namen, die klingen wie Nachspeise. Und nach diesem Tagesmenü – mit Höhenmetern, Hafenblick und Via-dell’Amore-Romantik – können wir Dessert verdammt gut gebrauchen.

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