Kurven, Klippen, Küstencharme – ein Tag auf der legendären Amalfitana
Der Tag beginnt wie aus dem Bilderbuch: Mit dem Duft nach Kaffee und Cornetti und Pascale, der schon von Weitem winkt. Sein Lächeln ist ansteckend – und ich überrasche ihn heute mit einem neuen italienischen Wort. Kein großer Wurf, aber genug, um seine Augen zum Leuchten zu bringen. „Brava!“ sagt er und serviert uns das Frühstück wie ein Sternekoch auf Urlaub. Cappuccino, frisch gepresster Saft, Croissants – wir könnten schlechter in den Tag starten. Stefan knabbert zufrieden, ich übe heimlich noch ein paar Vokabeln. Denn wer weiß, was der Tag noch bringt. Und dann geht’s auch schon los. Keine Hektik – aber wir müssen weiter. Schließlich wartet da draußen… die Amalfitana.
Wir lassen Pompeji hinter uns und schrauben uns kurvenreich die Serpentinen hinauf, über einen Bergrücken, der uns bald den ersten Blick aufs glitzernde Meer freigibt. Der Golf von Neapel liegt hinter uns, jetzt öffnet sich die Küste nach Süden – und mit jedem Höhenmeter scheint der Blick spektakulärer zu werden. Klippen, Olivenbäume, das schimmernde Blau – als hätte man das Meer kurzerhand mit Photoshop bearbeitet.

Aber wir sind nicht allein auf der Straße. Diese Route ist kein Geheimtipp mehr, und selbst jetzt – außerhalb der Hochsaison – ist hier ordentlich Betrieb. Im Sommer wird’s noch voller: Dann darf man die Amalfitana abschnittsweise nur mit geraden oder ungeraden Kennzeichen befahren, je nach Tag. So eng, wie es hier zugeht, ist das vermutlich auch dringend nötig. Zwei Busse im Gegenverkehr und ein Fiat 500 dazwischen? Da hilft nur noch Beten oder Rückwärtsgang. Wir haben jedenfalls das perfekte Auto für diese Strecke – klein, wendig und nervenstark.

Immer wieder entdecken wir kleine Obststände am Straßenrand – richtige Klischee-Kulissen mit Granatäpfeln, getrocknetem Chili und Zitronen, die aussehen, als hätten sie Bodybuilding gemacht. Bei einem Stand – samt urigem Besitzer und antiker Balkenwaage – werde ich schwach. Zwei riesige Zitronen wandern in unsere Einkaufstüte, dazu eine Orange und noch eine Zitrone für den Notfall. Der Verkäufer wiegt alles mit einer Ernsthaftigkeit, als handle es sich um Goldbarren. Stefan grinst, ich halte meine Beute stolz wie ein Schatz in den Händen.

Dann geht’s weiter, der Straße entlang, immer tiefer hinein in die Welt der Terrassen, Mauern und dramatisch schmalen Ausweichbuchten. In der Ferne taucht Positano auf – wie ein Gemälde aus pastellfarbenen Häuschen, die sich verzweifelt an den Hang klammern. Wir fahren durch, einmal durch die Innenstadt – und genau das machen wir auch. Rein ins Getümmel, durch schmale Gassen, vorbei an Souvenirständen, die zum Greifen nah sind. Hätte ich den Arm aus dem Fenster gestreckt, ich hätte ein Tuch mit Zitronenmotiv stibitzen können.

Parkplatz? Pah. Was dachten wir uns eigentlich? Dass Positano uns mit offenen Armen und einem freien Stellplatz empfängt? Denkste. Alles voll, alles eng, alles kostspieliger als eine Nacht im 5-Sterne-Hotel. Also rollen wir im Schneckentempo durch die Stadt – oder besser gesagt: durch eine Kulisse wie aus einem italienischen Modefilm. Rechts Souvenirstände, links Boutiquen mit flatternden Leinenkleidern, Zitronenkeramik, Strohhüten und Sonnencreme in Goldtuben. Ich hätte nur den Arm aus dem Fenster strecken müssen – und hätte eine Tasche mitgenommen, ein Kleid, ein Stück Italien.
Doch ein Stopp ist unmöglich. Die Straße ist so schmal, dass schon ein leichtes Blinzeln in Richtung Schaufenster für Chaos sorgen könnte. Also bleibt es beim visuellen Bummel im Vorbeifahren. Positano to go. Keine Pause, kein Halt – aber ein Erlebnis. Ein kleiner Film im Kopf, während die Räder weiterrollen. Und so fahren wir weiter, mit einem Hauch von Fernweh im Rückspiegel – Richtung Amalfi.
Aber kein Grund zur Panik – wir kommen hier ja eh nochmal vorbei. Morgen. Dann schauen wir uns das Ganze ganz in Ruhe an. Aber das… lest ihr eben erst morgen.

Die Küstenstraße windet sich wie eine italienische Diva auf dem Laufsteg – schmal, kurvig und mit Hang zur Dramatik. Unser kleiner Fiat 500 schiebt sich tapfer durch die Haarnadelkurven zwischen Positano und Amalfi, während die Aussicht links von uns immer wieder für Schnappatmung sorgt – tief unten glitzert das Meer wie frisch aufpoliertes Besteck in der Mittagssonne, rechts klammern sich bunte Häuser wie Legosteine an den Fels. Und wenn uns mal wieder ein Reisebus entgegenkommt, ist es weniger ein Vorbeifahren als ein gesellschaftlicher Nahkontakt mit Blechschaden-Potenzial. Willkommen auf der Amalfitana.
Unterwegs auf der Amalfitana
Am „Piazzale dei Protontini“ – man könnte ihn auch „Platz der mutigen Fahrer“ nennen – finden wir tatsächlich einen Parkplatz. Es grenzt an ein Wunder und fühlt sich ein bisschen wie ein Sechser im Lotto an. Von hier starten wir zu Fuß – bereit, Amalfi zu entdecken.
Der erste Eindruck? Zitrusduft in der Nase, Zitronen in der Auslage, Zitronen auf Postkarten, Zitronen in Flaschen, Zitronen als Kühlschrankmagneten. Wer hier keine Lust auf Limoncello bekommt, ist innerlich tot. Wir schlendern durch enge Gassen, vorbei an übervollen Auslagen: Gewürze, Pasta in allen denkbaren Formen (und auch ein paar eher undenkbaren), Keramik, Tücher, Magneten – ein Farbenrausch, als hätte jemand mit dem Pinsel auf LSD gemalt.
Kaum betreten wir die Piazza dei Dogi, läuft vor uns eine Gruppe Menschen mit… Moment… sind das Sandwiches oder kleine Backwaren-Weltenwunder? Riesige, duftende Panini, überquellend vor Mozzarella di Bufala, sonnenverwöhnten Tomaten und hauchdünnem Prosciutto – als hätten sie in einem italienischen Food-Werbespot mitgespielt. Unsere Spürnase folgt der Duftspur wie ein Bluthund – und landet zielsicher bei La Tramontina Amalfi. Ein unscheinbares Lädchen mit zwei Lampen über der Theke und einer Auswahl an frischen Zutaten, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt.
Ich lehne mich vor, lese die Kreidetafel („Welcome! Mozzarella di bufala campana – Bon Appetit!“) und weiß: Die Entscheidung fällt schwer, aber letztlich ist es egal – alles sieht aus, als hätte Nonna persönlich Hand angelegt. Draußen auf der Piazza reißen wir das knusprige Brot auf, der Mozzarella zieht Fäden, die Tomaten platzen vor Saftigkeit, der Schinken zerfällt auf der Zunge. Foodporn ohne Filter.
Ein paar Tauben schauen neidisch zu. Verständlich. Stefan sagt nichts – das ist sein „Ich bin gerade sehr glücklich“-Modus. Ich nicke nur. Kein Wort, nur genussvolles Schweigen und das leise Knistern von Paninipapier im Amalfi-Wind. So schmeckt Urlaub.
Nach dem Mozzarella-Fest in der Piazza dei Dogi lassen wir uns treiben – Amalfi empfängt uns jetzt von seiner stilleren Seite. Ein schmaler Aufgang, den man leicht übersehen könnte, führt in ein Viertel, das wirkt, als hätte jemand den Pausenknopf gedrückt. Wir steigen Stufe um Stufe, vorbei an vermoosten Mauern, schattigen Torbögen und Innenhöfen mit flatternder Wäsche. Eine Katze rekelt sich auf einer Fensterbank, eine andere jagt imaginäre Mäuse im Schatten. Amalfi kann auch flüstern.
Doch der Sog der Piazza ist zu stark – wie ein Magnet zieht er uns zurück ins Herz der Stadt. Und dort wartet sie schon: die Kathedrale di Sant’Andrea, imposant wie eine Filmkulisse, thronend über der Piazza wie eine Diva in der ersten Reihe. Die breite Treppe davor ist besetzt – nicht mit Gläubigen, sondern mit einem Cast aus Influencern, Selfiejägern und Strohhut tragenden Sommerromantikern, die allesamt das perfekte Amalfi-Bild inszenieren wollen. Fehlt nur noch die Titelmusik von „La Dolce Vita“.
Wir hingegen haben ein ganz anderes Ziel: eine Toilette. Öffentliche? Fehlanzeige. Wir schauen uns an und denken dasselbe: Espressopause mit integriertem Blasenmanagement.

Ein Café direkt gegenüber dem Dom wirkt wie die perfekte Kulisse für unser Vorhaben – Plätze frei, Blick auf die Fassade inklusive. Wir bestellen zwei Espresso, lehnen uns zurück und genießen. Der Campanile reckt sich wie ein Märchenturm in den Himmel, die Mosaike funkeln in der Sonne, das Treiben ist ein lebendiges Wimmelbild.
Der Espresso? Stark. Aromatisch. Winzig. Der Preis? Eine kleine Katastrophe.
3,00 € für den Schluck italienischer Höflichkeit – okay, Touristengegend halt.
Doch der Schlag kommt beim Blick auf die Rechnung: 3,50 € Coperto. Pro Person.
Für zwei Plätze auf der Dom-Seite? Rechnen wir lieber nicht weiter. Aber hey – die Aussicht war unbezahlbar. Die Toilette übrigens auch.
Nach dem Espresso mit finanzieller Bauchlandung – aber immerhin zufriedener Blase – schlendern wir gemütlich Richtung Hafen. Die Nachmittagssonne zaubert ein warmes Licht auf die pastellfarbenen Häuserfassaden, während wir über die Stege und wackelige Steinplatten balancieren. Das Meer glitzert wie frisch polierter Türkis, und natürlich müssen wir genau hier nochmal das Familienalbum erweitern: Selfie mit Hafen, Selfie mit Dom im Hintergrund, Selfie mit Möwe (die sich dreist ins Bild schiebt) – das volle Programm.

Dann ein spontaner Technologiemoment: Facetime nach Hause. Mitten aus dem Amalfi-Postkartenidyll. Oli, Nadine, Noah und Emilia erscheinen lachend auf dem Bildschirm und staunen mit uns über die Aussicht. Es ist ein bisschen so, als wären sie dabei – nur ohne das Risiko, ins Hafenbecken zu stolpern.
Eigentlich wollten wir jetzt zurück zum Auto, die Parkuhr tickt leise, aber unerbittlich. Doch dann – Zack. Ein Schild. Blau. „Grotta dello Smeraldo – Tour 20 €“
Darunter in verschnörkelter Schrift: „Einmalige Bootsfahrt. Glitzernd. Geheimnisvoll. Günstig.“
Moment mal. Die blaue Grotte? Für zwanzig Euro? Ich stutze. Kann ja wohl kaum die auf Capri sein, denke ich – da ist doch der Eintritt allein schon eine Investition ins Urlaubsbudget.
Also ab zum Schalter. Ich frage nach, und siehe da: Die Amalfiküste hat ihre eigene blaue Grotte. Zugegeben: etwas weniger berühmt, dafür günstiger, näher – und offenbar ebenso schillernd. 20 € pro Person, plus weitere 10 € am Eingang der Grotte – für das Boot, das uns hineinschippert. Ein kurzer Blick zu Stefan – er zuckt mit den Schultern, ich grinse, wir nicken.
Drei Minuten bis zum Ablegen, sagt die Frau am Schalter. Gut, dass wir geübt sind im Schnellentscheiden – zack, Tickets gekauft, und schon sprinten wir zur Anlegestelle. Keine Zeit für Zweifel, keine Zeit für „Sollen wir wirklich?“, nur noch Wind im Haar und die leise Hoffnung, dass das Parkticket nicht zwischendurch Amok läuft.
Die Fahrt entlang der Küste ist der reinste Genuss. Klippen, die wie aus dem Felsen geschnitzt wirken, Villen, die scheinbar auf Wolken schweben, und immer wieder das Meer, das sich in allen Blautönen zwischen „Pazifikposter“ und „Chlorwasser deluxe“ zeigt. Wenn das so weitergeht, könnte dieser spontane Abstecher das Highlight des Tages werden. Und wir haben noch nicht mal die Grotte gesehen.
Wenige Minuten nach dem Ablegen – vielleicht zwanzig, höchstens dreißig, wir haben nicht auf die Uhr geschaut – schmiegt sich unser Ausflugsboot plötzlich an einen kleinen Felsvorsprung der Küste. Hier, wo der Fels wie ein nachlässig geworfener Umhang ins Wasser hängt, befindet sich der Eingang zur Grotta dello Smeraldo – der Smaragdgrotte.
An Land geht’s nur kurz – und pragmatisch: Am Steg wartet schon jemand mit einem mobilen Kartenlesegerät, ein schneller Piepton – wird alles abgebucht. Dann steigen wir um in ein kleines Boot, das uns – zusammen mit ein paar anderen neugierigen Touristen – ins Innere der Grotte bringt.

Die ersten Meter sind unscheinbar, fast dunkel. Doch dann öffnet sich der Blick auf einen unterirdischen, unwirklich leuchtenden See – in sattem Türkis, Blau, Smaragdgrün. Das Licht, so erklärt uns der wunderbar gut gelaunte Bootsmann auf Englisch, dringt durch eine unterseeische Öffnung in den Fels. Zehn Kilometer entfernt, irgendwo da draußen, ist das andere Ende – und hier, in der Grotte, verwandelt es sich in pure Magie.
Wir gleiten lautlos durch das Wasser, das glitzert wie flüssiger Edelstein. An den Höhlenwänden hängen bizarre Tropfsteinformationen, die im Scheinwerferlicht wie Bühnenkulissen wirken – mal ein versteinerter Vorhang, mal ein steinernes Gespenst. Unser Guide deutet auf Gesteinsformationen, die er mit einem schelmischen Grinsen als „Schildkröte“, „Meerjungfrau“ oder „schlafenden Hund“ bezeichnet. Seine Witze sind so charmant wie seine Erklärungen – und seine Begeisterung wirkt ansteckend.

Und dann zeigt er uns den Star dieser unterirdischen Bühne: die „Presepe sommerso“, die Unterwasser-Krippe. Dort, auf dem Boden der Grotte, gut sichtbar durch das klare Wasser, liegt eine komplette Krippenszene – Maria, Josef, das Jesuskind, ein paar Hirten und ein paar staunende Tiere. Es sieht aus wie eine Szene aus einem Traum, unwirklich und fast ein bisschen kitschig – aber auf eine berührende Art. Wie ein stilles, verborgenes Ritual, das nur die wenigen zu Gesicht bekommen, die sich auf diesen kleinen Abstecher eingelassen haben.
Wir staunen, fotografieren, filmen – und sind uns einig: Diese spontane Entscheidung war goldrichtig.
Die Unterwasser-Krippe der Grotta dello Smeraldo, die Presepe sommerso
Wer glaubt, er hätte in der Grotta dello Smeraldo schon alles gesehen, der sollte mal genauer hinschauen – oder besser: hinunter.
Auf dem Grund der Grotte liegt eine lebensgroße Krippe. Kein Scherz. Maria, Josef, das Jesuskind, ein paar Hirten und Tiere – alle versenkt, dauerhaft unter Wasser.
Seit 1956 gehört dieses etwas andere Krippenspiel fest zur Geschichte der Grotte. Damals wurde sie vom Tauchclub Amalfi hinabgelassen, und seither ist sie nicht nur Touristenattraktion, sondern auch Teil einer ungewöhnlichen Weihnachtstradition: Jedes Jahr am 25. Dezember tauchen Mitglieder des Clubs mit Blumen hinab zur Krippe, während oben Musik gespielt wird und Zuschauer andächtig am Grotteneingang stehen.
Die Figuren ruhen in etwa drei bis vier Metern Tiefe, das Wasser ist so klar, dass man sie vom Boot aus gut erkennen kann – vorausgesetzt, man erwischt das Licht im richtigen Winkel. Wer ein Foto machen will, schaltet am besten in den Videomodus oder leuchtet mit der Taschenlampe nach – das gibt der Szenerie diesen mystisch-schimmernden Unterwasser-Glanz, der fast ein wenig sakral wirkt.
Die Krippe selbst ist übrigens nicht nur hübsch anzusehen, sondern auch ein Symbol: für Frieden, für stille Tradition – und für den ganz eigenen Zauber, den diese Grotte selbst in 4 Metern Tiefe noch entfalten kann.

Zurück in Richtung Amalfi – diesmal mit Rückenwind, Meeresbrise und einer geballten Ladung Promi-Klatsch vom Bootsführer. Der gute Mann war ein wandelndes Lexikon in Flipflops. Kaum hatte das Schiff wieder Fahrt aufgenommen, wurde aus der Rückfahrt eine kleine VIP-Kreuzfahrt: Da oben, das Anwesen von Sophia Loren. Dort drüben, ein Fünf-Sterne-Hotel, wo sich Stars die Türklinke in die Hand geben. Und das da – dieser Felsbogen im Meer? „Two Elephants kissing“, erklärte er mit einem Grinsen, und tatsächlich: Mit etwas Fantasie sieht der Arch aus wie zwei Dickhäuter im innigen Rüsselkuss. Wir kamen aus dem Staunen kaum heraus – und aus dem Fotografieren auch nicht. Es war, als würde jemand die Amalfi-Küste in eine Mischung aus Reisejournal und People-Magazin verwandeln. Und mittendrin wir, selig in der Nachmittagssonne.

Zurück an Land, zurück auf Asphalt – aber die Magie des Tages hängt uns noch in den Haaren. In der Nähe unseres kleinen Parkplatzes – irgendwo zwischen Zitronenduft, hupenden Rollern und geparkten Fiats – finden wir unser Auto wieder. Noch ganz erfüllt vom Meeresglitzern geht’s wieder über den Berg zurück Richtung Pompeji. Dieselbe Strecke, dieselben Kurven – aber diesmal im goldenen Abendlicht, das selbst die Schlaglöcher auf der Passstraße wie Kunst erscheinen lässt.

In Pompeji angekommen, steuern wir einen Parkplatz direkt an der Straße an. Dank der EasyPark-App sind wir in Rekordzeit startklar – keine nervige Kleingeldsuche, kein Parkscheinchaos. Einfach Zeit einstellen, fertig. Und dann machen wir das, was man nach einem solchen Tag einfach tun muss: langsam schlendern. Vorbei an Straßen mit Patina, durch Gassen mit Geschichte, bis wir vor der Santuario della Beata Vergine del Rosario di Pompei stehen. Außen neoklassizistisch mit mächtigen Säulen und strahlend weißem Putz, innen eine Überraschung aus Glanz und Gloria. Goldene Ornamente, leuchtende Deckengemälde und ein riesiger Kronleuchter, der an eine Opernkulisse erinnert – vielleicht nicht Phantom der Oper, aber zumindest Der Pate in der Hochzeitssequenz.
Pontificio Santuario della Beata Vergine del Santo Rosario di Pompei
Langsam meldet sich dann doch der Hunger. Kein Wunder – seit dem Frühstück nur Zitronen, Salzluft und ein bisschen Grotto-Abenteuer. Wir entdecken das Mercato Pompeiano, ein modernes Restaurant mit rustikalem Charme, irgendwo zwischen Foodie-Treffpunkt und italienischem Wohnzimmer. Die Karte? Volltreffer. Ich bestelle die Margherita Gialla – eine sonnengelbe Hommage an die Tomate in ihrer charmantesten Version: Gelbe Tomaten, Mozzarella, Parmigiano-Reggiano-Flocken. Stefan bleibt klassisch und entscheidet sich für die Margherita DOP – pur, perfekt und auf den Punkt: Tomatensauce, Mozzarella, Basilikum, Olivenöl. Zwei Pizzen, zwei Philosophien – und beide ein Gedicht.
Mercato Pompeiano
Auf dem Weg zurück zum Auto führt uns unser Weg vorbei an einem Laden, der uns schon zuvor aufgefallen ist – und jetzt scheint ganz Pompeii dort Schlange zu stehen. Die Caffetteria-Gelateria-Pasticceria De Vivo ist weniger ein Café als ein Tempel der süßen Sünden. Drinnen türmen sich die Dolci, dass es einem die Sprache verschlägt, draußen schlecken Groß und Klein ihr Eis mit ehrfürchtiger Hingabe. Natürlich können auch wir nicht widerstehen. Ich entscheide mich für ein cremiges Pistaziengelato, Stefan nimmt Zitrone – beide so gut, dass wir kurz vergessen, dass wir eigentlich schon pappsatt sind.

Zurück am Campingplatz ist der Tag noch lange nicht vorbei – zumindest nicht für uns. Während ich ein paar Bilder sortiere, macht Stefan es sich im Campingstuhl gemütlich. Ein Glas Whiskey in der Hand, der Blick irgendwo zwischen „Ich genieße den Moment“ und „gleich schlafe ich ein“. Doch dann geschieht etwas Magisches – oder eher Katzenhaftes.
Ein kleines, schwarz-weißes Kätzchen, trifft eine Entscheidung. Sie sieht Stefan, wie er da sitzt, regungslos und mit dieser Aura von „Ich tu nix – ich bin nur da“ – und adoptiert ihn kurzerhand. Ohne Vorwarnung hüpft sie auf seinen Schoß, rollt sich zusammen und macht es sich gemütlich, als hätte sie das schon seit Jahren so gemacht. Stefan? Rührt sich nicht. Als wüsste er: Wenn du von einer Katze ausgewählt wirst, widersprichst du nicht.

Aber damit nicht genug. Als er später duschen geht, trottet das kleine Tierchen schnurstracks hinterher, setzt sich vor die Duschtür und wartet. Geduldig. Kein Miau, kein Kratzen – einfach loyaler als jeder Hund. Und als er fertig ist? Natürlich begleitet sie ihn zurück. Auf Schritt und Tritt. Ob sie ihn für eine besonders große, haarlose Katze hält oder einfach nur seinen inneren Frieden schätzt – man weiß es nicht. Aber für diesen Abend sind sie ein unzertrennliches Team.
Und während die Lichter langsam ausgehen und der Duft von Pinien und Sommerabend durch den Platz weht, klingt der Tag in aller Ruhe aus. Morgen wartet ein neues Abenteuer.















































