
Naturwunder und Wanderabenteuer im Zion National Park und Steaks in St. George
Tschüß, Kanab – die Straße ruft!
Der letzte Morgen in Kanab beginnt mit einer sportlichen Disziplin namens „Gepäck und Treppen – eine Hassliebe“. Zum Glück haben wir gestern schon den Großteil unseres Besitzes in die SUVs verfrachtet, sodass uns heute nur noch ein paar Koffer, Taschen und die üblichen „Wo-kommt-das-noch-hin?“-Objekte bleiben. Packstrategie Nummer eins: irgendwie rein damit, und hoffen, dass beim Öffnen nichts explodiert.
Doch erst mal Frühstück. Denn ohne einen ordentlichen Start in den Tag ist selbst die schönste Roadtrip-Etappe nur halb so viel wert. Während die Teller leerer und die Kaffeetassen voller Nachfüllversuche werden, zeigt die Uhr 9:00 – perfektes Timing, um Kanab hinter uns zu lassen.
Nach 20 Minuten on the road – der erste Stopp! Wir erreichen die Mt. Carmel Junction und stoßen auf den Souvenir-Shop der Superlative. Nadine, unsere selbst ernannte Ministerin für Andenken & Mitbringsel, ist sofort in ihrem Element. Sie hat einen sechsten Sinn für alles, was glitzert, bedruckt oder als potenziell „muss-mit“-verdächtig gilt. Während sie mit einem geübten Blick die Regale scannt, lassen wir uns treiben – und plötzlich scheint es ganz logisch, warum wir dringend einen weiteren Kühlschrankmagneten, eine Tasse mit Bison-Motiv und eine völlig überflüssige, aber charmante Schneekugel brauchen.

Frisch ausgestattet mit neuen Errungenschaften geht es weiter, und schon nach wenigen Minuten bietet sich uns ein Anblick, der sofort den inneren Naturfilmer aktiviert: Die Zion Mountain Ranch, ein weiter, offener Abschnitt mit saftigen Wiesen – und mitten drin eine imposante Bisonherde. Majestätisch, wild, leicht zerzaust und in völliger Ruhe grasend.
Natürlich gibt es hier nur eine logische Konsequenz: Sofortiger Zwischenstopp. Nadine und ich, offenbar in einem Anflug von grenzenloser Tierliebe, beschließen, uns diesen sanften Riesen vorsichtig zu nähern. Wir überqueren die Straße – langsam, respektvoll, mit einer Mischung aus Ehrfurcht und „Hoffentlich weiß der Bulle da drüben, dass wir Vegetarier mögen“. Die Bisons quittieren unsere Annäherung mit einem kurzen, tiefen Blick aus dunklen, urzeitlich wirkenden Augen. Sie haben eine Aura von „Wir haben schon alles gesehen, selbst diese verrückten Touristen“ – und kauen unbeeindruckt weiter.
Ein Moment, in dem sich die Wildnis des amerikanischen Westens plötzlich zum Greifen nah anfühlt. Keine Zäune, keine Absperrungen – nur diese gewaltigen Tiere, die hier zuhause sind, während wir nur kurz zu Besuch sind. Ein Blick, ein Foto, ein stiller Moment – dann lassen wir sie in Frieden weiterziehen.

Eine halbe Stunde nach unserem unvergesslichen Bison-Erlebnis rollen wir bereits in den Zion-Nationalpark ein – einen Ort, der jeden Steinliebhaber, Abenteurer und Kamera-Akku gleichermaßen an seine Grenzen bringt.
Erste Herausforderung des Tages: Einen Parkplatz vor dem Mount Carmel Tunnel finden. Doch wir haben Glück – unsere SUVs bekommen einen perfekten Platz, sodass wir uns ohne große Umwege in das nächste Abenteuer stürzen können: die Wanderung zum Canyon Overlook. Der Trail? Eine Mischung aus Naturspielplatz, Balanceakt und Gänsehautmomenten.
Der schmale Pfad beginnt wie eine wilde Schlange durch das Slickrock-Gelände zu winden. Hier ein paar natürliche Felsstufen, dort eine leichte Kletterpassage – genau die richtige Mischung aus Herausforderung und Spaß. Schritt für Schritt steigen wir höher, immer begleitet von der atemberaubenden Kulisse des Zion-Nationalparks, die sich mit jeder Biegung spektakulärer entfaltet.
Dann erreichen wir den ersten Wow-Moment: Der Blick zurück auf den östlichen Eingang des Mount Carmel Tunnels ist grandios – eine perfekte Postkartenansicht mit dramatischen Felsformationen und endlosen Weiten.
Weiter geht es entlang des Pine Creek Canyons, wo sich der Pfad kühn am Abgrund entlangzieht – perfekt für einen Adrenalinkick zwischendurch. Wir passieren einen malerischen Holzsteg, der uns unter einem gewaltigen Alcoven hindurchführt, und für einen kurzen Moment fühlt es sich an, als würden wir in ein uraltes Naturgeheimnis eintreten. Die Felswände über uns haben Geschichten zu erzählen – man muss sie nur hören wollen.
Ein großes Lob an die stillen Helden dieses Trails: die Erbauer der Holzkonstruktionen. Ohne ihre akribische Arbeit wären manche Passagen nur für waghalsige Kletterer zugänglich – dank ihnen können auch wir Normalsterblichen die Natur in vollen Zügen genießen, ohne uns wie Indiana Jones abseilen zu müssen.
BILDERGALERIE: Zion Canyon Overlook
Plötzlich ändert sich die Szenerie. Der trockene, felsige Trail öffnet sich in eine grüne Oase, in der Farne und andere Pflanzen in kleinen, geschützten Nischen gedeihen. Ein krasser Kontrast zur gnadenlosen Sonne draußen, fast wie ein geheimer Garten mitten im Nirgendwo.
Doch kaum verlassen wir diesen schattigen Abschnitt, schlägt die Landschaft wieder um: Sandige Wege, Yuccapflanzen, Kakteen und Sukkulenten kämpfen sich tapfer durch die Hitze. Ein harter, aber faszinierender Beweis dafür, dass sich die Natur überall anpassen kann – mit Stacheln, dicken Blättern und einer bemerkenswerten Überlebenskunst.
Und dann ist es endlich soweit – der grandiose Finale-Moment dieser Wanderung. Nach einer letzten Kletterpassage erreichen wir den Aussichtspunkt des Canyon Overlook Trails – und was für eine Aussicht!
Was sich vor uns auftut, ist einfach überwältigend. Der Zion-Nationalpark breitet sich in seiner vollen Pracht aus, als hätte jemand die beste Szene eines epischen Naturfilms eingefroren. Der Haupt-Canyon erstreckt sich tief unter uns, gerahmt von den gewaltigen Felsriesen: der majestätische West Temple, die imposanten Towers of the Virgin, der ehrwürdige East Temple. Man kann sich gar nicht sattsehen – und genau das versuchen wir auch nicht.
Unter uns windet sich der Zion-Mount-Carmel-Highway wie ein goldenes Band durch die dramatische Landschaft – eine Panoramasicht, die mit jedem Blick neue Details preisgibt und mit ihrer erhabenen Schönheit einfach sprachlos macht. Magisch. Atemberaubend. Unvergesslich.
Nach einer Stunde voller Staunen, Genießen und einer schier endlosen Fotosession machen wir uns schließlich auf den Rückweg zu unseren Fahrzeugen. Ein letzter Blick zurück – der Zion-Nationalpark hat uns wieder einmal bewiesen, warum er einer der schönsten Orte der Welt ist.

Mit einem letzten sehnsüchtigen Blick auf die grandiose Kulisse machen wir uns auf den Weg zur berühmten Abfahrt.Der Mount Carmel Tunnel steht bevor – eine düstere, enge Passage mitten durch den Fels, die mit ihren kleinen Sichtfenstern ab und zu winzige Schlaglichter auf das gewaltige Panorama draußen wirft. Kaum sind wir auf der anderen Seite, geht es in spektakulären Serpentinen weiter bergab – genau die, die wir eben noch von oben bestaunt haben. Jetzt sind wir mittendrin – und der Blick durch die Windschutzscheibe ist mindestens so aufregend wie der vorhin vom Aussichtspunkt.
Kaum sind wir unten angekommen, wird schnell klar: Zion ist voll – richtig voll. Heute ist hier nichts mit „einsame Natur genießen“. Die Parkplätze sind überfüllt, das Visitor Center gleicht einem Hochsicherheitstrakt ohne verfügbare Stellflächen, und selbst die Ausweichparkplätze haben längst ihre Kapazitätsgrenzen überschritten.
Ein Schild gibt unmissverständlich zu verstehen: Parken? Vergiss es. Wer sich heute den Zion-Nationalpark erwandern will, darf erst mal einen Parkplatz in Springdale suchen und dann mit dem Shuttlebus in den Park zurückfahren. Ein System, das zwar nötig ist, aber irgendwie auch zeigt, dass selbst die beeindruckendste Natur ihre Grenzen hat.


Wir geben nicht auf und steuern das Zion Human History Museum an, in der vagen Hoffnung, dass vielleicht ein Parkplatz freigegeben wird. Und tatsächlich – wir müssen nur kurz warten, dann wird ein Platz frei. Das Glück ist auf unserer Seite!
Gerade rechtzeitig taucht einer der Shuttlebusse auf, und schwupps, sind wir mittendrin im nächsten Abenteuer. Die Fahrt mit dem Shuttle bringt uns zum Temple of Sinawava, einem der wohl malerischsten Stopps im gesamten Park. Während wir bequem im Shuttle sitzen und die unzähligen Wanderer beobachten, die sich langsam wie eine mutige Ameisenkolonne den schmalen Grat von Angels Landing hinaufkämpfen, kommt eine Erinnerung zurück – eine sehr lebhafte Erinnerung: Denn wir waren schon mal da oben.
2016 standen Stefan und ich genau dort – mitten auf diesem schmalen, schwindelerregenden Grat, die Hände um die Eisenketten gekrallt, während der Wind um uns herum tobte und die Tiefen des Canyons unter uns förmlich nach uns riefen. Eine dieser Wanderungen, bei der man sich währenddessen fragt, „Warum zur Hölle tue ich mir das an?“, nur um am Ende stolz zu verkünden, „Das war der Wahnsinn!“ ➤
Der Blick von ganz oben? Unbeschreiblich. Der Zion-Canyon breitet sich unter einem aus wie ein gigantisches Gemälde, die Straße schlängelt sich winzig durch das Tal, und für einen kurzen Moment fühlt man sich, als stünde man buchstäblich auf einem anderen Planeten. Ein Abenteuer, das man nie vergisst – und bei dem man sich auch Jahre später noch fragt, ob man wirklich so verrückt war, das gemacht zu haben.
Heute überlassen wir das Abenteuer anderen. Doch während wir die kleinen Punkte dort oben zwischen den Felsen beobachten, wissen wir genau, was sie gerade durchmachen. Der Wechsel von purer Euphorie und plötzlichem Adrenalinschub, wenn man auf einem besonders schmalen Abschnitt steht. Die Mischung aus Erschöpfung und Triumph, wenn man den Gipfel erreicht. Und natürlich das breite Grinsen, wenn man es lebend wieder zurück geschafft hat.
Ein bisschen kribbelt es schon in den Beinen – aber heute genießen wir Zion mal von der gemütlichen Perspektive aus. Man muss ja nicht jedes Mal den ultimativen Nervenkitzel suchen… oder? 😉

An der Endhaltestelle steigen wir aus – Zeit für eines der ikonischsten Erlebnisse im Zion-Nationalpark: die Wanderung zu den Narrows.
Der Riverside Walk-Trail führt uns entlang des Virgin River, der über Millionen von Jahren eine gewaltige Schlucht in das Herz dieses atemberaubenden Nationalparks gegraben hat. Links und rechts ragen steile Felswände in den Himmel, als wollten sie uns daran erinnern, wie winzig wir im Vergleich zur Zeit und Naturgeschichte eigentlich sind.
Die Kulisse? Fast wie ein verzauberter Garten, nur eben im XXL-Format. Dichte Baumwipfel recken sich zum Himmel, Moose und Farne klammern sich an die steilen Felswände, und kleine Wasserfälle rieseln sanft über das Gestein. Die Luft ist angenehm kühl, feucht und voller Frische – ein wohltuender Kontrast zur brennenden Sonne draußen im Canyon.
Am Ende des Trails wird es ernst: Wer weiter will, muss nass werden. Hier beginnt das eigentliche Abenteuer: Die Narrows sind berühmt für ihre atemberaubende Schluchtenwanderung im Fluss selbst. Das bedeutet: Wasser bis zu den Knien (oder mehr), rutschige Steine, eisige Temperaturen – und für die, die vorbereitet sind, ein Erlebnis der Extraklasse.
BILDERGALERIE: The Narrows Trail
Ich überlege nicht lange, ziehe Schuhe und Socken aus und wage mich ins Wasser. Nach zwei Sekunden ist klar: Das ist nicht einfach nur „frisch“, das ist verdammt KALT. Ein paar Schritte weiter, und meine Füße haben den Temperaturbereich zwischen „unangenehm“ und „drohender Eisblock“ erreicht. Fazit? Respekt an alle, die mit Neoprenanzügen bis tief in die Schlucht vordringen – ich gehöre heute nicht dazu. Aber egal – bis hierher haben wir es geschafft, und das war es allemal wert.
BILDERGALERIE: Kayenta Trail
Wir kehren zur Bushaltestelle zurück und nehmen den Shuttle zur Haltestelle “The Grotto”, von wo aus wir unsere nächste Wanderung starten: den Kayenta Trail, der uns am Lower Emerald Pool vorbeiführen wird. Klingt idyllisch, oder?
Noch bevor es losgeht, stellt Nadine die alles entscheidende Frage: “Ist der Weg anstrengend?”
Meine Antwort? Selbstbewusst und aus dem Gedächtnis: “Ach was, überhaupt nicht. Eine einfache, flache Wanderung entlang des Flusses.”
Tja. Das war dann wohl eine dieser selektiven Erinnerungen, die die Realität gerne mal etwas… romantisieren. Kaum sind wir auf dem Trail, wird klar: flach ist hier gar nichts.
Der Weg beginnt mit einem stetigen Anstieg, der sich bei den inzwischen steigenden Temperaturen als echte Herausforderung entpuppt. Besonders für Nadine, die heute Noah auf dem Rücken trägt – ein lebendiges, zappelndes Zusatzgewicht. Ups.
“Also, in meiner Erinnerung war das anders,” murmle ich, während wir keuchend die ersten Höhenmeter erklimmen. Stefan grinst wissend, sagt aber lieber nichts. Aber es lohnt sich.
Je höher wir steigen, desto beeindruckender wird die Aussicht. Der Trail verläuft hoch über dem Flussbett und eröffnet uns immer wieder spektakuläre Panoramablicke über die grünen Oasen des Canyons und die massiven Sandsteinformationen, die sich majestätisch über uns auftürmen.
Ja, es war anstrengender als erwartet, aber genau das macht es unvergesslich. Und in ein paar Jahren werde ich mich bestimmt wieder nur an die schöne Aussicht erinnern – und Nadine wieder fragen, ob der Trail denn wirklich so schwer war. 😅

Nachdem wir die letzten Panoramen des Kayenta Trails genossen haben, machen wir uns an den Abstieg. Die Sonne steht mittlerweile tief am Himmel, taucht die Felsen in warme Orangetöne, und der Zion-Nationalpark zeigt sich noch einmal von seiner schönsten Seite. Ein perfekter Abschiedsgruß.
Während wir den Pfad zurück zur nächsten Bushaltestelle – Zion Lodge – nehmen, spüren wir die Anstrengung des Tages in unseren Beinen. Wanderungen, Aussichtspunkte, eiskaltes Flusswasser und ein nicht ganz so flacher Trail – dieser Tag hatte wirklich alles zu bieten.
Der Shuttle bringt uns zurück zum Museum, wo unsere SUVs geduldig auf uns warten. 17 Uhr, perfekte Zeit, um Zion zu verlassen und uns einem anderen wichtigen Roadtrip-Highlight zu widmen: Essen. Unser nächstes Ziel? Das Texas Roadhouse in St. George – denn nach so einem Tag verdienen wir uns ein anständiges Steak.
Die Fahrt führt uns durch die beeindruckende Landschaft des südlichen Utah, wo die tiefroten Sandsteinformationen langsam den weiten, offenen Ebenen weichen. Die Straße zieht sich in sanften Kurven durch das trockene Land, begleitet von bizarren Felsformationen und gelegentlichen Joshua Trees, die trotzig in der Wüste stehen.
Doch bevor wir unser Endziel erreichen, gibt es noch einen wichtigen Stopp: Zion Harley-Davidson in Washington, einem kleinen Vorort von St. George. Denn was wäre ein Roadtrip ohne ein paar passende Andenken?
Schnell durch den Laden, zwei coole T-Shirts für Stefan und mich, dazu noch ein Mini-Biker-Shirt für Noah, damit auch der kleinste Roadtrip-Abenteurer stilecht ausgestattet ist.
Dann geht es weiter, die Vorfreude auf ein gutes Essen wächst mit jedem Kilometer. Der Tag war randvoll mit Erlebnissen, und jetzt ist es an der Zeit, ihn bei einem leckeren Abendessen Revue passieren zu lassen – samt Toast auf all die Erinnerungen, die wir heute gesammelt haben.


Kurz nach 18 Uhr sitzen wir endlich dort, wo ein echter Roadtrip-Tag enden sollte: in unserem Lieblings-Steakhouse, dem Texas Roadhouse in St. George. Nach einem Tag voller Abenteuer und Panorama-Overload gibt es jetzt nur noch eine logische Priorität: Essen. Und zwar richtig gutes.
Wir haben noch einen Gutschein für einen Vorspeisen-Coupon, was bedeutet, dass wir die perfekte Gelegenheit haben, uns eine Cactus Blossom zu gönnen – eine panierte, frittierte Riesen-Zwiebel, die knusprig, würzig und einfach nur göttlich schmeckt. Ein Gaumenschmaus, der neben den legendären Butter-Brötchen dieses Lokals zur absoluten Pflichtbestellung gehört.
Als Hauptgericht gibt es keine Experimente: Ribeye-Steaks, saftig, perfekt gegrillt – genau so, wie wir sie lieben. Ein Festmahl, das keine Wünsche offenlässt.
Gesättigt und glücklich machen wir uns auf den Weg zum Hotel, wo uns zwei geräumige Zimmer erwarten – mit einer praktischen Verbindungstür. Eine Kleinigkeit? Vielleicht. Aber nach Tagen des Campens und Koffer-in-Autos-Tetris ist es ein Luxus, den wir zu schätzen wissen.
BILDERGALERIE: Econo Lodge St. George
Natürlich darf der Abend nicht einfach so entspannt ausklingen. Da war ja noch diese kleine Sache mit dem Ersatzreifen am Jeep von Nadine und Oli. Die Idee, auf einem Notrad nach Las Vegas zu fahren, klingt ungefähr so verlockend wie ein Roadtrip auf einem Dreirad.
Google verrät uns: Am St. George Municipal Airport gibt es eine Alamo-Station – also nichts wie hin, in der Hoffnung auf ein Ersatzfahrzeug. Der kleine Flughafen liegt 16 Meilen außerhalb der Stadt, was bedeutet: erst ein Stück auf der I-15 Richtung Süden, dann eine einsame Abzweigung ins gefühlte Nirgendwo. 9 Meilen durch eine finstere Einöde, bis schließlich ein kleines Flughafengebäude auftaucht. Einsam. Verlassen. Ein bisschen so, als hätte man versehentlich ein Horrorfilm-Set betreten.
Der Parkplatz ist winzig, die Mietwagenstation noch kleiner. Ich betrete das völlig dunkle Gebäude, werde von einem Bewegungsmelder erfasst, der das Licht auf dramatische Weise einschaltet, und entdecke den einsamen Alamo-Schalter – besetzt von exakt einer Person.
Ich erkläre unser Reifen-Dilemma, doch der freundliche Mitarbeiter schüttelt bedauernd den Kopf. Keine Autos mehr verfügbar. Nada. Nichts. Plan gescheitert.
Immerhin: Er gibt uns eine Alternative. Morgen früh sollen wir es bei Enterprise in der Innenstadt von St. George versuchen – glücklicherweise direkt gegenüber von unserem Hotel. Während ich drinnen umsonst verhandle, wartet Nadine im Auto. Als ich zurückkehre und ihr die Nachricht überbringe, ist die Begeisterung – nun ja – überschaubar.
Aber hey, wenigstens gibt’s hier eine Toilette. Bevor wir zurückfahren, beschließt Nadine, den Flughafen-Sanitäranlagen einen Besuch abzustatten. Dank der Bewegungsmelder wird auch das ein hochmodernes Erlebnis.
Zurück im Hotel ist der Tag für einen kleinen Abenteurer noch lange nicht vorbei. Noah hat eine neue Passion entdeckt: Treppensteigen. Und natürlich braucht man für ein solches Unterfangen einen zuverlässigen Assistenten – aka Opa Stefan.
Also rauf und runter, wieder rauf und wieder runter – die perfekte Mischung aus Sport, Spaß und unendlicher Geduld. Irgendwann ist Noah zufrieden, Stefan leicht außer Atem – und wir bereit für den wohlverdienten Schlaf.
Morgen steht die Mission „Neuer Mietwagen“ an. Immerhin: Enterprise ist direkt gegenüber, was den Aufwand hoffentlich minimiert. Wir drücken die Daumen, dass Nadine und Oli bald wieder auf vier richtige Reifen kommen.

