
Abschied mit 53 Kehren, Schnee und einem Kofferraum voller Italien
Der letzte Urlaubstag. Ein bittersüßer Moment, an dem man versucht, noch ein letztes Mal das Camperleben zu zelebrieren, während man gleichzeitig panisch sämtliche Brotreste, Handyladekabel und Kinder-Sandalen aus allen Ecken zusammensucht. Frühstück um 8:30 – stilecht vor dem Camper, mit der Sonne im Gesicht und der Ahnung, dass gleich die große Packerei beginnt. Geschirr spülen, Tisch verstauen, alles verriegeln, was klappern könnte – also praktisch alles.
Um 10:30 Uhr dann letzter Stopp im Supermarkt in Dongo. Wenn man schon Abschied nimmt, dann bitte mit Stil – und Vorräten. Mortadella, Käse, Wein, Pizza-Mehl, man kennt das. Die Menge ließ darauf schließen, dass wir nicht nur den Urlaub, sondern auch einen kulinarischen Teil Italiens mit nach Hause nehmen wollten.

Tatsächliche Abfahrtszeit: irgendwann nach dem dritten „Wir müssen jetzt aber wirklich los“. Die Sonne stand schon deutlich höher, der Kühlschrank war mit italienischen Delikatessen vollgestopft – es konnte losgehen. Und zwar nach Norden, Richtung Splügenpass. Der Plan: ein letzter Höhepunkt mit Panorama und Fahrspaß. Was wir bekamen: eine fahrerische Berg-Operette in 53 Akten.
53 Kehren. Kein Zahlendreher, kein Übertreibungstrick. Fünf-drei. So viele Haarnadelkurven schlängeln sich den Splügenpass hinauf, dass einem fast schwindlig wird – nicht nur vom Blick in den Abgrund, sondern vom ständigen „Lenkrad links, jetzt rechts, wieder links – oh, da kommt ein Auto entgegen?!“. Es war wie ein sehr langes Tanzduett zwischen Camper und Straße, mit gelegentlichem Herzklopfen, wenn Gegenverkehr auftauchte. Nadine in Ihrem Mietcamper und Stefan in unserem Camper meisterten jede Kurve, als wären sie seit Jahren auf Bergrennen spezialisiert. Der Rest der Familie hielt sich an Gurten, Sitzen oder Fensterschlitzen fest – je nach Temperament.

Gegen 13:30 Uhr erreichten wir den höchsten Punkt. Italien verabschiedete uns mit Sonne, die Schweiz begrüßte uns mit Winter. Die Grenze kam still und plötzlich – zack, neues Land, neues Klima, neue Preisliga. Oben am Pass lag nicht nur Schnee – es war eine weiße, stille Welt. Der Lago di Montespluga: zugefroren, still, glatt wie ein Spiegel, den jemand mit Puderzucker bestäubt hat. Hätten wir ein Rentier dabei gehabt, es wäre nicht weiter aufgefallen.
Dieser Moment – hoch oben zwischen zwei Welten, mit klammen Fingern, aber warmem Herzen – war der perfekte Abschied vom Abenteuer. Kurz, intensiv, spektakulär. Danach ging’s bergab – aber nur im topografischen Sinne.
Nach dem winterlichen Zauber oben auf dem Pass rollten wir weiter talwärts – die Serpentinen nun in entgegengesetzter Richtung, aber nicht weniger spannend. Die Bremsen glühten, die Kinder schliefen, und irgendwann stellte sich die kollektive Frage: „Was essen wir eigentlich?“
BILDERGALERIE: Splügenpass
Die Antwort: McDonald’s in Chur. Ja, wir wissen es besser. Und nein, wir haben es trotzdem getan. Manchmal siegt der Drang nach einem Cheeseburger über alle Prinzipien, schließlich isst man in der Schweiz bei McDonald’s nicht Fast Food, sondern investiert in Pommes und Burger. Man munkelt, der Big Mac dort kommt mit Finanzberatung. Aber nach Wochen von Pasta, Gelato, Panini und Prosciutto fühlte sich das Fastfood fremd an. Und hey – wir hatten es uns verdient. Und es war teuer. Schweiz halt..

Der letzte Abschnitt nach Hause war dann eine Mischung aus Müdigkeit und leichtem Food-Koma. Der Camper surrte, als hätte auch er verstanden, dass jetzt das große Finale naht.
Als wir endlich wieder zu Hause einrollten, sprangen die Kinder aus den Campern, als wäre das schon immer ihr natürlicher Lebensraum gewesen. Unser eigener Camper parkte sich routiniert auf seinen Stammplatz ein – wie ein alter Freund, der genau weiß, wo er hingehört.
Nadine und Olis Mietcamper hingegen wirkte fast ein wenig verloren, als er zum letzten Mal vor dem Haus stand – ein temporäres Zuhause auf Zeit, dem der Abschied sichtlich schwerfiel. Am nächsten Morgen wurde er noch einmal gründlich ausgeräumt, durchgelüftet und von Nadine mit liebevoller Camperromantik auf Hochglanz gebracht. Jeder Krümel wurde verabschiedet, jede Schranktür ein letztes Mal mit sanfter Wehmut geschlossen.
Ein letzter Blick, ein kurzer Seufzer – und klar war: Wenn’s nach Nadine gegangen wäre, hätte sie einfach den Schlüssel behalten. Der Camper hatte sich zu gut eingefügt – ins Familienchaos, in den Ferienrhythmus, in diesen fahrbaren Alltag voller Pizza, Passstraßen und Pannen mit Charme. Wer einmal mit seinem Wohnzimmer über die Alpen gefahren ist, gibt das nicht so einfach wieder her.
Vielleicht hätte sie beim Abgeben einfach gesagt: „Ups – ich dachte, der gehört jetzt uns. Er hat sich so gut bei uns eingelebt.“ Und ehrlich gesagt – es hätte gepasst.
Der Urlaub war fantastisch. Sonne, Pasta, Chaos, Familienzeit – genau die richtige Mischung aus Erholung und mildem Wahnsinn. Wir haben gelacht, gestaunt, geschwitzt und gestaunt, wie viel man in einen Camper und einen Tag packen kann.
Und weil man gute Traditionen nicht einfach abbricht, steht eines schon fest: Nächstes Jahr geht’s wieder los. Natürlich wieder alle zusammen, natürlich wieder mit unseren geliebten Campern – und ganz sicher wieder mit jeder Menge Geschichten, die man nur erlebt, wenn man sein Zuhause auf vier Rädern durch Italien (oder sonst wohin) kutschiert. Wir schmieden schon Pläne.
1.803 Gründe für Muskelkater – Nadine & Olis verstecktes Fitnessprogramm
Wenn man Oli und Nadine heute fragt, was ihnen vom Italienurlaub am meisten in Erinnerung geblieben ist, dann könnte eine mögliche Antwort sein: „Die Treppen.“
Nicht das Gelato, nicht der Wein, nicht Pizza & Pasta – nein, es waren die Stufen. So viele Stufen, dass man meinen könnte, die italienische Tourismusstrategie basiere auf dem stillen Ziel, Gäste möglichst oft nach oben zu schicken.
Los ging’s in Venedig mit der Scala Contarini del Bovolo – 113 elegante Stufen einer spätgotischen Wendeltreppe. Wäre das schon alles gewesen, hätte Nadine noch geschmunzelt. Doch das war nur der Anfang.
In Florenz wartete Brunelleschis Kuppel mit 463 Stufen, von denen geschätzte 462 zu steil, zu eng oder zu mittelalterlich gebaut waren. Die Aussicht? Grandios. Das Knie? Eher nicht. Nadine zählte die Pausen, Oli zählte die Stufen.
Sie dachten eigentlich, sie seien durch mit den Treppen in Florenz, aber ich redete ihnen zu, dass sie doch unmöglich die Piazzale Michelangelo auslassen können. Also nocheinmal 130 Stufen.
Der Wanderweg zwischen Vernazza und Monterosso, liebevoll Sentiero Azzurro genannt (wohl, weil man blau anläuft), setzte mit rund 550 Steinstufen noch einen drauf. Während Noah nebenher kletterte wie eine Gemse, verkündete Nadine etwa bei einem Viertel des Weges optimistisch: „Das Schlimmste haben wir wohl hinter uns.“ Leider meldete sich kurz darauf ein Schild zu Wort – mit der frohen Botschaft: „Noch 75 % vor Ihnen“.
In Pisa dann die berühmten 296 Stufen im Schiefen Turm. „Eigentlich kein Problem“. Doch wenn der Boden unter einem schräg ist, wird sogar Treppensteigen zur Seitlage. Leicht schwindlig, aber um eine Erfahrung reicher, ging’s weiter nach Mailand.
Den krönenden Abschluss bildete der Mailänder Dom. Dort gönnten wir uns alles zusammen Aufzug – nur um dann beim Abstieg festzustellen, dass es auch 251 Stufen nach unten sein können. Und ja, auch bergab zählt.
Gesamter Treppenstand für Team Nadine und Oli:
- 1.803 Stufen.
- 339 Höhenmeter.
- Unzählige Schnaufer.
- Zwei leicht traumatisierte Wadenpaare.
Ob sich das gelohnt hat? Absolut. Aber beim nächsten Mal buchen Oli und Nadine vielleicht einen „Aktivurlaub mit Panorama–auf Erdgeschossniveau“.

Preisverleihung: Das Trucker-Babe des Jahres!
Manchmal muss man einfach Größe anerkennen – und in diesem Fall war es nicht nur die Größe des Campers (immerhin über 6 Meter lang), sondern auch die Nervenstärke der Frau hinterm Steuer. Stefan ließ sich nicht lumpen und überreichte seiner Tochter Nadine nach dem Urlaub feierlich den goldenen Pokal mit der gravierten Inschrift „Trucker-Babe 2025“. Nicht, weil sie plötzlich mit Funkgerät, Cowboyhut und Diesel im Blut unterwegs wäre – sondern weil sie sich auf ihrer Italienmission durch enge Altstadtgassen, absurd schmale Campingplatzschranken und steile Passstraßen manövrierte, als hätte sie nie etwas anderes gemacht.
Während andere beim Einparken panisch das Fenster runterkurbeln und „GIB MAL EINWEISUNG!“ brüllen, blieb Nadine cool. Also… nach außen hin. Innen drin vermutlich ein Mix aus Mario Kart im Hardcore-Modus und Baustellenfunkverkehr – aber eben auch mit diesem breiten Grinsen, das nur jemand hat, der den Camper nicht nur beherrscht, sondern insgeheim richtig Spaß daran hat. Hotel mit Valet-Parken? Pfff. Sie hatte ihr rollendes Zuhause im Griff – mit Rückfahrkamera, Fingerspitzengefühl und einer Portion Abenteuerlust, die jedes Navi alt aussehen lässt. Tapfer, zielsicher und gelassen fuhr sie, als wäre sie nie anders gereist.
Stefan war jedenfalls begeistert. So begeistert, dass er ihr diesen Pokal überreichte – mit dieser unverkennbaren Mischung aus väterlichem Stolz, liebevollem Spott und dem Blick, der sagt: „Mein Mädchen fährt jetzt ein Haus mit Küche durch Italien!“.
Und Nadine? Die posierte mit dem Mini-Pokal, als hätte sie gerade bei der ADAC-Gala höchstpersönlich den Fernfahrerinnen-Orden in Gold entgegengenommen. Trucker-Babe 2025 – mit Stil, Schweißperlen und einem Fahrgefühl, das man nicht lernen kann. Nur erleben.
