Drei Flaschen später
Ein Abend zwischen Reben, Parmaschinken und Käse
Der neue Tag beginnt mit Sonnenstrahlen und dem leisen Rascheln von Laub auf dem Campingplatz – jetzt, bei Tageslicht, sieht alles gleich viel freundlicher aus. Was nachts noch wie ein verwunschener Wald mit Irrgarten-Charakter wirkte, entpuppt sich als ein weitläufiges, schön in die Hügellandschaft eingebettetes Gelände mit terrassierten Stellplätzen, von Bäumen gesäumten Wegen und ordentlichen Sanitäranlagen. Wir frühstücken, checken aus – und rollen gegen halb zehn vom Platz, bereit für den letzten Abschnitt unseres Roadtrips.

Erster Halt: das Barberino Designer Outlet. Und ja – das war eigentlich nicht geplant. Aber das herbstliche Farbenspiel entlang der gepflegten Wege, die kleinen Brücken über den Kanal, der sich durch das Areal schlängelt, und die bunten Ahornbäume mit ihren flammend roten Blättern machen den Abstecher fast schon zu einem Spaziergang durch ein Freiluftmuseum für Mode und Architektur. Wir flanieren durch die kleinen Gassen, vorbei an Karl Lagerfelds metallisch glänzendem Mini-Me, schauen in Schaufenster, die uns nichts verkaufen können – weil wir eigentlich nichts brauchen. Und doch macht es Spaß. Einfach mal gucken. Und gehen. Und staunen, wie schön so ein Outlet aussehen kann, wenn sich der Herbst in Szene setzt wie ein aufgedrehter Kulissenmaler mit Farbtopf.
Nach diesem Schaufenster-Spaziergang geht’s weiter zum nächsten Programmpunkt: Vorräte auffüllen. Der Esselunga-Superstore ist heute unsere Bühne für kulinarische Souvenirs. Wir parken den Camper, greifen zum Einkaufswagen und stürzen uns ins Öl-Regal. Gefühlt 200 Sorten Olivenöl glitzern im Neonlicht um die Wette – von „extra vergine“ bis „bio mit Tränen von alten Bäumen“ ist alles dabei. Wir entscheiden uns für ein paar Flaschen aus der mittleren Preis-Liga – und dann kommen sie: die Fleischwaren. In einem Anfall von Delikatessen-Wahnsinn kaufen wir nicht nur eine große, feinkörnig gepfefferte Schinkenkeule, sondern auch eine stattliche Salami. Der Kassierer zieht sie über den Scanner, als hätte er es mit alten Freunden zu tun. Pasta, Eier, ein bisschen Käse – fertig ist unser Reise-Abschluss-Einkauf.
Um Punkt 16 Uhr treffen wir am Weingut „La Bandina“ ein. Die Sonne steht schon etwas tiefer, taucht die Reben in warmes Licht, und das Anwesen begrüßt uns mit einer charmanten Mischung aus rustikalem Gutshof und elegantem Landhaus. Wir sind zur Weinprobe mit Vesper angemeldet – und genau danach fühlt es sich an: nach einem würdigen Finale. Nach einem Tag voller Sinneseindrücke – goldene Wälder, glänzende Schinken und flüssiges Gold in Flaschen – sind wir bereit, die letzten Stunden in Italien stilvoll einzuläuten.

Auf dem Weingut La Bandina begann unser letzter Abend in Italien mit einer kleinen Überraschung: Eigentlich sollten wir mit anderen Gästen eine gemeinsame Weinprobe machen – doch um Punkt 17 Uhr saßen wir ganz allein da. Kein Trubel, keine anderen Camper, nur wir, ein freundlicher Mitarbeiter des Weinguts – und ein rustikaler Tisch im spätsommerlichen Sonnenlicht. Besser hätte der letzte Urlaubsmoment gar nicht inszeniert sein können.
Allein war dabei ein relativer Begriff, denn kaum hatten wir Platz genommen, hatte Stefan – statt seiner üblichen Samtpfoten-Fangemeinde – diesmal einen vierbeinigen, schwarz-weißen Gast zu seiner Rechten: ein aufmerksamer Hund mit Border Collie-Blick, der ihn aus sicherer Distanz intensiv beim Vespern beobachtete. Die beiden tauschten Blicke, wie man sie sonst nur aus Italo-Western kennt.

Die Weinprobe selbst war ein kleines Fest – nicht nur für den Gaumen, sondern auch fürs Herz. Der junge Mitarbeiter des Weinguts war unglaublich freundlich und kompetent, erklärte mit ansteckender Begeisterung jeden Tropfen, den er uns einschenkte. Es war keine dieser steifen, gestellten Veranstaltungen mit PowerPoint und Fachchinesisch – es war eher wie ein Nachmittag bei Freunden mit verdammt gutem Wein.
Wir probierten sechs verschiedene Sorten, darunter einen Merlot, einen spritzigen weißen Frizzante, einen eleganten Rosé namens „Ira“ und den kräftigen „Sheerah“, ein samtiger Rotwein mit Charakter. Besonders der Rosé und der „Sheerah“ hatten es uns angetan – zwei davon wanderten am Ende auch in unsere Einkaufskiste. Dazu kam noch eine Flasche des weißen Pricklers für besondere Anlässe. Und weil wir nicht nur Wein-, sondern auch Käseliebhaber sind, ließen wir uns ein gigantisches Stück Blauschimmelkäse aus Ziegenmilch einpacken – so cremig-würzig, dass wir ihn am liebsten gleich mit einem Löffel gegessen hätten.

Zum Vesper gab es außerdem hauchdünn geschnittenen Parmaschinken, würzigen Parmesan und knuspriges Brot – einfach, rustikal und unverschämt lecker..
So saßen wir da, mit Blick über die herbstlich gefärbten Hügel, einem Glas Wein in der Hand, einem schmachtenden Hund zu Füßen und dem Gefühl, dass der Urlaub kaum schöner hätte ausklingen können.
Der Stellplatz? Offiziell gratis. Also ganz ohne Wasser, Strom oder Sanitär – aber hey, wir sind ja Schwaben, da klingt „kostenlos“ immer erstmal vielversprechend. Nur dass es dann am Ende halt doch ein bisschen anders lief: 20 Euro pro Nase für die Weinprobe, 45 Euro für die köstliche Vesperplatte, dazu drei Flaschen Wein und ein ordentliches Stück Blauschimmelkäse für zu Hause – macht unterm Strich rund 140 Euro für eine Nacht auf dem „Gratis“-Platz.
Und wisst ihr was? Wir haben keinen Cent bereut. Denn dafür gab’s nicht nur edle Tropfen und herzhafte Leckereien, sondern auch einen Sonnenuntergang, der direkt ins Herz ging – und einen charmanten Hofhund, der Stefan kurzerhand zur besten Gesellschaft des Abends erklärt hat. Ein Abend, wie er besser nicht hätte sein können. Schwäbischer Rechenschieber hin oder her.





















