
Ein Tag voller Abenteuer im fantastischen Yosemite-Nationalpark
Die Sonne ist noch nicht einmal aufgegangen, als um 5:00 Uhr der Wecker klingelt. Ein früher Start, aber genau das ist der Preis für einen spektakulären Tag im Yosemite-Nationalpark – und wir sind bereit, ihn zu zahlen!
Bereits um 5:45 Uhr sitzen wir am Frühstückstisch, voller Vorfreude auf das bevorstehende Abenteuer. Eigentlich beginnt das Frühstück erst um 6:00 Uhr, doch mit einem freundlichen Lächeln und unserem unschlagbaren Frühaufsteher-Charme bekommen wir bereits unsere erste Tasse Kaffee serviert. „Der frühe Vogel fängt den Wurm“ – oder in unserem Fall: den besten Blick vom Glacier Point!
Warum dieser frühe Start? Wir haben eine Busfahrt zum Glacier Point gebucht – und um die besten Plätze zu ergattern, müssen wir pünktlich im Park sein. Während die anderen Gäste gerade erst verschlafen den Frühstücksraum betreten, haben wir bereits gegessen, unsere Rucksäcke geholt und sind startklar für den Tag.


Als wir das Hotel verlassen, stellen wir allerdings fest, dass genau vor der Tür eine Baustelle eingerichtet wurde. Also heißt es erst einmal warten, bis die Straße wieder freigegeben wird. Ein kleiner Moment der Geduld – aber was sind schon ein paar Minuten, wenn der Tag noch so viele Highlights bereithält?
Nach etwa 45 Minuten Fahrt erreichen wir den Four-Mile-Trail Trailhead, unseren Ausgangspunkt für den Tag. Hier parken wir unser Auto, denn dies wird später unser Endpunkt sein. Während wir aussteigen, beginnt langsam die Morgensonne hinter den Bergen aufzutauchen. Es fühlt sich an, als würde mit dem Sonnenaufgang nicht nur der Tag, sondern auch unser nächstes Abenteuer beginnen.
Von hier aus sind es nur 0,9 Meilen zur Yosemite Valley Lodge, wo wir uns für die Tour offiziell einchecken müssen. Die Buchung hatten wir bereits von zu Hause aus erledigt, aber eine kurze Bestätigung am Schalter ist trotzdem notwendig.
Wir schultern unsere Rucksäcke und betreten den schmalen Hiking Trail, der uns durch die frische, erwachende Morgenlandschaft des Yosemite Valleys führt. Die Luft ist klar und kühl, durchzogen von dem sanften Duft feuchter Erde und Kiefernnadeln. Unter unseren Füßen knirscht der Schotterpfad leise, während links und rechts hohes Gras im sanften Wind wiegt. Der Morgentau glitzert darauf wie kleine Kristalle, und mit jedem Schritt spüren wir, wie die Natur um uns herum zum Leben erwacht.
Die ersten Sonnenstrahlen klettern über die mächtigen Granitwände des Tals, tauchen die Felsen in ein weiches, goldenes Licht. Langsam wird die Welt um uns herum heller, während vereinzelte Nebelschwaden über den Wiesen hängen und der Merced River, der in der Nähe fließt, in der Stille des Morgens kaum ein Geräusch von sich gibt. Ein perfekter Start in den Tag.
Nach einem kurzen Anstieg durch einen kleinen Wald öffnet sich der Blick – und vor uns liegt die Yosemite Valley Lodge, eingerahmt von uralten Bäumen und mit direktem Blick auf die rauschenden Yosemite Falls. Der Ort wirkt noch verschlafen, nur ein paar andere Frühaufsteher sind unterwegs. Wir überqueren eine kleine Holzbrücke, bevor wir schließlich den Eingang zur Lodge erreichen. Die erste Etappe ist geschafft – jetzt kann das eigentliche Abenteuer beginnen.

Die Abfahrt unseres Busses steht in etwa 40 Minuten an, und um die Zeit sinnvoll zu nutzen, haben wir uns kurzerhand im Restaurant „Base Camp“ niedergelassen. Nach der frischen Morgenluft auf dem Wanderweg fühlt sich das warme, einladende Ambiente des Cafés wie eine kleine Oase an.
Und was gibt es Besseres, um die Wartezeit zu überbrücken, als sich mit einem köstlichen Starbucks-Kaffee zu verwöhnen? Der Duft von frisch gebrühtem Kaffee erfüllt den Raum, und wir lassen uns mit unseren dampfenden Tassen an einem der rustikalen Holztische nieder. Ein Moment der Ruhe, bevor das Abenteuer beginnt.
Die Gemütlichkeit des Base Camp passt perfekt zu diesem Morgen – leise Gespräche, das Klirren von Tassen, der Blick auf die mächtigen Felswände des Yosemite Valley, die jetzt in der Morgensonne erstrahlen. Während wir unseren Kaffee schlürfen, wächst die Vorfreude auf den bevorstehenden Tag. Der Glacier Point wartet – und mit ihm einer der spektakulärsten Ausblicke, die dieser Nationalpark zu bieten hat.


Pünktlich um 8:15 Uhr machten wir uns auf den Weg zur Bushaltestelle, voller Vorfreude auf das, was vor uns lag. Und dann lernten wir Steff kennen – unsere quirlige, lebensfrohe Busfahrerin, die augenblicklich für Stimmung sorgte. Mit einem breiten Grinsen begrüßte sie jeden einzelnen Fahrgast, als wäre es eine persönliche Einladung zu ihrer eigenen kleinen Show. „Good morning, everyone! Ready for a beautiful day in Yosemite?“ rief sie, während sie mit einer Energie, die selbst die ausgeschlafensten Wanderer übertraf, auf den Fahrersitz kletterte.
Steff war die Definition von multitaskingfähig. Während sie sicherstellte, dass alle angeschnallt und bereit waren, behielt sie gleichzeitig die geparkten Autos im Blick, die – wie sie mit einem dramatischen Seufzen anmerkte – grundsätzlich im Weg stehen mussten. „Und was ist es diesmal?“ fragte sie laut, während sie sich nach vorne lehnte. „Lass mich raten… ein Mitsubishi? Es ist immer ein Mitsubishi!“ Und tatsächlich – ein kleiner, frech geparkter Kompaktwagen blockierte den Wendebereich. Steff ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Ein gezielter Druck auf die Hupe, ein leicht genervtes Augenrollen – und der Besitzer tauchte kleinlaut auf, um das Auto aus dem Weg zu schaffen. „Danke, Champ!“, rief sie ihm hinterher, bevor sie den Bus mit der Eleganz eines Konzertpianisten aus der Haltebucht manövrierte.
Kaum waren wir auf der Straße, begann Steffs zweite Leidenschaft – das Erzählen. Sie sprach, ohne eine Sekunde Pause zu lassen, über die Wunder von „beautiful Yosemite Valley“, über die geologischen Formationen, die uralten Bäume und die Tiere, die sich hier verstecken. Dabei navigierte sie den schweren Bus durch die engen Serpentinen, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes getan.
„Und auf der linken Seite sehen wir… naja, momentan nur Bäume, aber dahinter ist der El Capitan! Wirklich, glaubt mir!“, lachte sie, während wir fasziniert an den Fenstern klebten. Sie hatte dieses Talent, alles – selbst einen simplen Felsen – so zu beschreiben, dass man sich wie in einer Dokumentation fühlte. Nur eben mit einer ordentlichen Prise Humor und einem Hauch von Improvisation.
Nach etwas mehr als einer Stunde Fahrt erreichten wir schließlich unser Ziel: den Glacier Point. Steff hatte uns nicht nur sicher ans Ziel gebracht, sondern die Fahrt zu einem echten Erlebnis gemacht. Wir waren nicht einfach nur angekommen – wir waren mit einem Kopf voller Geschichten und einem Herzen voller Begeisterung bereit, in die Wildnis des Yosemite Valleys einzutauchen.

Von der Bushaltestelle aus führte uns nur noch ein kurzer Fußweg den Hügel hinauf, vorbei an riesigen Granitblöcken und vereinzelten Kiefern, die sich tapfer gegen die Höhenwinde stemmten. Und dann, plötzlich, war er da – der Glacier Point.
Der erste Blick? Atemberaubend. Es gibt nur wenige Orte auf der Welt, an denen die Natur so dramatisch, so gewaltig und gleichzeitig so vollkommen erscheint. Wir standen an der Kante einer 975 Meter senkrecht abfallenden Felsklippe, und unter uns breitete sich das gesamte Yosemite Valley in einer Postkartenansicht aus, wie man sie sich nicht besser hätte ausmalen können. Grüne Wälder, silbern glitzernde Flüsse, mächtige Granitwände – ein Panorama, das schlicht überwältigend war.
Und dann, als wäre das alles nicht schon genug, fiel unser Blick auf den Half Dome – dieses ikonische, massive Granitmonument, das sich steil und unübersehbar aus der Landschaft erhebt. Majestätisch, fast unwirklich, ragte er mit seiner glatten, halbrunden Felswand in den Himmel – ein Symbol für Kletterer aus aller Welt, die sich Jahr für Jahr an seinen schier unbezwingbaren Wänden versuchen.
Die Stille hier oben hatte etwas Magisches. Kein Stadtlärm, keine Ablenkungen – nur das leise Rauschen des Windes, das Zirpen einzelner Vögel und hin und wieder das entfernte Echo eines rauschenden Wasserfalls. Es war einer dieser seltenen Momente, in denen man einfach innehalten muss, um den Augenblick zu begreifen.
Wir schlenderten entlang der steinernen Aussichtsmauer, ließen den Blick über die tief eingeschnittenen Täler, die gezackten Berggipfel und die schneebedeckten Höhenzüge der Sierra Nevada schweifen. Kein Foto konnte diese Aussicht wirklich einfangen – sie musste erlebt werden. Und genau das taten wir: einfach da stehen, durchatmen und den Moment genießen.

Unsere Wanderung begann auf dem Four Mile Trail – was, wie wir schnell feststellten, eine bodenlose Lüge war. Denn in Wahrheit sind es 4,6 Meilen! Vielleicht eine kleine Diskrepanz für Wanderprofis, aber nach mehreren Kilometern bergab fühlt sich jeder zusätzliche Meter an wie eine persönliche Beleidigung.
Anfangs war die Stimmung großartig. Der Abstieg war angenehm, die Serpentinen schlängelten sich elegant den Berghang hinunter, und die Natur um uns herum war ein Traum. Tausend Höhenmeter tiefer lag das Yosemite Valley, eingerahmt von schroffen Felswänden und tiefgrünen Wäldern. Alle paar Minuten hielten wir an, um Fotos zu machen – oder um einfach dazustehen und ehrfürchtig zu staunen.
Die Aussicht auf den El Capitan war schlichtweg grandios. Diese riesige, fast senkrechte Felswand, die Kletterer aus aller Welt anzieht, ragte so monumental in den Himmel, dass sie uns klein und unbedeutend vorkommen ließ. „Stell dir vor, du hängst da irgendwo an einem Seil“, meinte Stefan und deutete auf einen winzigen Punkt an der Felswand. „Ich stell mir gerade eher vor, dass meine Knie nach dieser Wanderung genauso aussehen werden“, erwiderte ich – noch lachend. Noch.
Der Weg selbst? Ein Abenteuer für sich. Er führte uns über gut angelegte Steinstufen, wechselte zwischen Schotter und Asphalt, schlängelte sich durch schattige Wälder, quälte uns mit kurzen, knackigen Anstiegen (ja, auch beim Abstieg gibt es sie!) und ließ uns gelegentlich über lockeres Geröll und Wurzelwerk balancieren. Zwischendurch überquerten wir kleine Bäche, in denen das Wasser kristallklar über die Steine plätscherte – eine traumhafte Kulisse, die uns ein ums andere Mal zum Anhalten zwang.
Und dann – etwa auf der Hälfte der Strecke – machte sich eine neue, ungeahnte Herausforderung bemerkbar: Unsere Beine. Oder besser gesagt: unsere Knie, die mit jeder weiteren Serpentine lauter protestierten. Der Gedanke, dass der Abstieg die „leichtere“ Richtung sein sollte, begann langsam an Glaubwürdigkeit zu verlieren. „Das ist nicht Wandern“, murmelte ich irgendwann, während ich vorsichtig meine Beine dehnte. „Das ist kontrolliertes Fallen – in Zeitlupe.“
Der anfängliche Spaß wurde von einer leisen Verzweiflung abgelöst. Jeder Blick auf die Serpentinen unter uns offenbarte eine neue, noch steilere Kehre, die uns schmerzlich bewusst machte, wie weit es noch bis nach unten war. Wir waren längst an dem Punkt angekommen, an dem ein „Wow, was für eine Aussicht!“ von einem schmerzverzerrten „Wow, meine Waden brennen!“ abgelöst wurde.
Das Yosemite Valley rückte zwar sichtbar näher, aber jeder Schritt fühlte sich an, als würden wir über glühende Kohlen laufen. „Die haben doch sicher einen Geheimgang nach unten, oder?“ keuchte ich, während ich mein Körpergewicht von einem protestierenden Bein aufs andere verlagerte. Doch da war kein Fahrstuhl, kein Abkürzungsschild, nicht einmal ein freundlicher Ranger mit einem Maultier. Nur wir, unsere schmerzenden Beine – und eine Strecke, die sich immer länger anfühlte.
BILDERGALERIE: Four Miles Trail
Und dann – irgendwann, nach einer gefühlten Ewigkeit – wurde der Weg flacher, sanfter, gnädiger. Die letzten paar hundert Meter führten uns durch einen idyllischen Wald, und plötzlich standen wir wieder im Tal, umgeben von den majestätischen Felsriesen des Yosemite.
Gegen 14 Uhr erreichten wir endlich das Tal – der Merced River lag vor uns, das Yosemite Valley breitete sich in voller Pracht aus, und wir hatten stolze 1.000 Höhenmeter hinter uns. Unser Körper wusste das nur leider etwas anders zu würdigen. Meine Knie gaben mir mit jedem Schritt unmissverständlich zu verstehen, dass sie nicht mehr ganz mir gehörten. Sie fühlten sich an wie fremde, widerspenstige Bestandteile meines Körpers, die sich gegen ihre ursprüngliche Funktion verschworen hatten.
Doch dann die Erlösung: Unser Pickup wartete direkt an der Straße auf uns. Keine weitere Kurve, keine letzte Steigung, kein endloser, scheinbar nie endender Trail mehr – nur noch die Gewissheit, dass wir es geschafft hatten. Es war eine großartige Wanderung gewesen, voller spektakulärer Ausblicke und unvergesslicher Momente, aber als wir endlich auf die weichen Sitze des Wagens sanken, fühlte es sich ein bisschen an wie ein persönlicher Sieg über die eigenen müden Muskeln.
Unser nächster Stopp? Die Yosemite Valley Lodge. Und was gab es dort? Eiskalte Cola im Base Camp. Ein Hoch auf Koffein, Zucker und Kohlensäure – die wahre heilige Dreifaltigkeit des müden Wanderers. Während wir unsere eiskalten Gläser in den Händen hielten, war der erste Schluck pure Erleichterung.
Natürlich hätte man es sich auch einfach machen können – mit dem Auto hochfahren, die Aussicht genießen und wieder zurückrollen. Aber wir wissen es besser.
Wie sagte einst Johann Wolfgang von Goethe?
„Nur wo Du zu Fuß warst, bist Du auch wirklich gewesen.“
Und genau so fühlte es sich an. Erschöpft, aber erfüllt. Kaputt, aber glücklich. Und vor allem: Jeden verdammten Schritt wert. Geschafft. Völlig erledigt, aber glücklich. War es anstrengend? Ja. Hat es sich gelohnt? Definitiv. Würde ich es wieder tun? Fragen wir morgen meine Beine.
Ursprünglich hatten wir für den Nachmittag noch eine Wanderung zu den Yosemite Falls geplant – ambitioniert, voller Tatendrang… und in völliger Unkenntnis darüber, was unsere Beine nach dem epischen Abstieg vom Glacier Point dazu sagen würden. Spoiler: Sie sagten Nein. Laut und deutlich.
Es war also an der Zeit für eine spontane Planänderung. Statt weitere Höhenmeter zu bewältigen, entschieden wir uns für etwas, das sich anfühlte wie der größte Luxus der Welt: eine entspannte Fahrt durch das atemberaubende Yosemite Valley.
Die erste Runde führte uns direkt zum Fuß von El Capitan, jenem monumentalen Felskoloss, der nicht nur einer der berühmtesten Kletterberge der Welt ist, sondern auch einfach völlig surreal aussieht, wenn man darunter steht. Fast 1.000 Meter Granit, die sich senkrecht in den Himmel recken – so massiv, dass man automatisch nach oben starrt und sich fragt, wie zum Teufel dort oben jemals jemand hängen kann.


Wir fanden einen schattigen Picknickplatz, direkt mit Blick auf den Felsen, und ließen uns auf den rustikalen Holzbänken nieder. Unser Mittagessen? Wahrscheinlich war es nichts Besonderes – ein paar Snacks, vielleicht ein Sandwich – aber mit dieser Aussicht schmeckte es wie ein Festmahl. Die friedliche Atmosphäre, das sanfte Rauschen des Windes durch die Baumwipfel, das gelegentliche Zwitschern eines Vogels – es war dieser eine Moment der absoluten Ruhe, in dem die Natur für sich sprach.
Manchmal ist genau das, was man braucht: keine neue Herausforderung, kein weiterer Gipfel, keine zusätzlichen Höhenmeter – sondern einfach eine Auszeit, um all die Eindrücke des Tages zu verarbeiten.
Nach unserer erholsamen Mittagspause ließen wir uns noch eine Weile am Fuß des El Capitan nieder – nicht nur, um weiter die Aussicht zu genießen, sondern um einem der spektakulärsten Schauspiele des Yosemite Valleysbeizuwohnen: den Kletterern, die sich an der gewaltigen Granitwand hinaufarbeiteten.

Von hier unten wirkten sie winzig, kaum mehr als kleine bunte Punkte, die sich langsam, methodisch und mit beinahe übermenschlicher Präzision an der glatten Felswand nach oben bewegten. Es war faszinierend zu beobachten, wie sie Griff für Griff, Tritt für Tritt ihren Weg fanden, abgesichert durch Seile, die wie hauchdünne Spinnweben gegen den massiven Felsen wirkten.
El Capitan ist eine Legende unter Kletterern. Sein höchster Punkt kann zwar über einen vergleichsweise einfachen Wanderweg erreicht werden, doch für echte Adrenalinjunkies gibt es nur eine wahre Herausforderung: die steilen, fast senkrechten Granitwände zu bezwingen. Diese sind von zahlreichen ikonischen Kletterrouten durchzogen, einige davon Hunderte von Metern lang, mit überhängenden Passagen, winzigen Tritten und scheinbar unmöglichen Griffen.
Die Kletterer, die wir beobachteten, zeigten eine unglaubliche Entschlossenheit, Präzision und ein fast schon zenartiges Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten. Jeder einzelne Handgriff, jede Fußplatzierung war wohlüberlegt, denn ein Fehler bedeutete, sich nur noch auf das Sicherungsseil verlassen zu können – und selbst das sah aus dieser Entfernung beunruhigend dünn aus.
Wir konnten uns kaum losreißen, während sie Meter für Meter in die Höhe stiegen. Es war ein Anblick, der Respekt einflößte – eine Mischung aus körperlicher Stärke, mentaler Konzentration und purem Durchhaltevermögen. Kein Wunder, dass El Capitan der Schauplatz einiger der berühmtesten Klettergeschichten aller Zeiten ist – und dass so viele Abenteurer aus aller Welt hierherkommen, um sich dieser ultimativen Herausforderung zu stellen.
Und während wir im bequemen Schatten unseres Picknicktisches saßen und dabei zusehen konnten, wie andere mit bloßen Händen eine fast senkrechte Felswand erklommen, kamen wir zu einem ganz einfachen Fazit:
Beeindruckend? Absolut. Etwas, das wir jemals ausprobieren würden? Keine Chance.

Die wohl bekannteste Route am El Capitan ist ohne Zweifel „The Nose“, die sich elegant an der Südkante entlangzieht. Seit Jahrzehnten ist sie die ultimative Herausforderung für die besten Kletterer der Welt, ein Maßstab, an dem sich jeder messen will, der den Yosemite Nationalpark als seine persönliche Arena betrachtet.
Und die Liste der Legenden, die hier ihre Spuren hinterlassen haben, ist lang. Darunter auch zwei Deutsche: Alexander und Thomas Huber. Die beiden Brüder sind nicht nur Meister der Big-Wall-Kletterei, sondern auch bekannt für ihre waghalsigen Speed Climbing Rekorde. Was normalerweise eine mehrtägige Expedition mit Übernachtungen in schwindelerregender Höhe ist, reduzierten die Huber-Brüder auf eine unglaubliche Zeit von einer Stunde und 51 Minuten. Eine komplette Route in der Zeit, die andere für eine Mittagspause brauchen!
Besonders beeindruckend war ihr Rekord auf der Route „Zodiac“, die normalerweise drei bis vier Tage in Anspruch nimmt. 2004 schafften sie es in unter zwei Stunden. Eine fast schon absurde Zahl, wenn man bedenkt, dass sie sich dabei mit nichts als ihren Händen, Füßen und einem Seil an einer gigantischen, vertikalen Felswandentlangbewegten. Ein Meisterwerk aus Kraft, Präzision und mentaler Stärke.
Nach diesen beeindruckenden Eindrücken – und einem völlig neu gewonnenen Respekt für das, was an diesem Felsen passiert – entschieden wir uns, den Tag mit einem der schönsten Panoramen des Parks ausklingen zu lassen. Wir fuhren noch einmal zum Tunnel View, um diesen spektakulären Ausblick in der Nachmittagssonne zu genießen.

Danach drehten wir noch eine letzte Runde durch das Yosemite Valley, ließen die unglaublichen Felswände, Wälder und Wiesen noch einmal auf uns wirken. Jeder Blick aus dem Fenster war eine Erinnerung daran, warum dieser Ort so einzigartig ist.
Als der Tag sich langsam dem Ende neigte, kehrten wir erneut zum Tunnel View zurück – diesmal für den Sonnenuntergang. Die goldenen Strahlen der untergehenden Sonne tauchten das gesamte Tal in eine surreale Mischung aus Orange, Pink und Violett, während die Schatten langsam über die Felsen krochen. Ein letzter, spektakulärer Abschiedsgruß von Yosemite.

Die Sonne neigte sich langsam dem Horizont entgegen, und mit ihr begann Yosemite sein letztes, großes Schauspiel des Tages. Die Bergspitzen loderten in einem tiefen Feuerrot, als würden sie kurz aufglühen, bevor die Nacht sie verschluckte. Das gesamte Tal erstrahlte in einem goldenen Glanz, und für einen Moment war alles still – als würde die Natur selbst innehalten, um diesen magischen Moment zu genießen. Ein Anblick, der sprachlos machte.
Doch so schwer es fiel, es wurde allmählich Zeit, Abschied zu nehmen. Ein Abschied, der aber nur ein „Bis bald“ war, denn eines stand fest: Die Wanderung zu den Yosemite Falls musste noch nachgeholt werden.
Im Dunkeln waren wir gekommen, und im Dunkeln verließen wir den Park wieder, auf der gewundenen Straße zurück nach Mariposa. Die Lichter unseres Pickups schnitten durch die Finsternis, während wir die Erlebnisse des Tages noch einmal Revue passieren ließen. Müde, aber erfüllt. Kaputt, aber glücklich.


Kurz vor 21 Uhr rollten wir schließlich in die kleine Stadt Mariposa ein. Für das Abendessen hatten wir uns das „1850 Restaurant and Brewery“ ausgesucht – ein gemütlicher Ort mit rustikalem Charme, der an diesem Abend bis auf den letzten Platz gefüllt war. Wir ergatterten die letzten freien Plätze an der Bar, genau der richtige Ort, um diesen Tag ausklingen zu lassen.
Buffalo Wings für mich, Steak & Salad für Stefan. Der perfekte Mix aus herzhaft, würzig und genau das, was wir nach einem langen Tag brauchten. Und da wir uns in einer Mikrobrauerei befanden, konnte ich es mir natürlich nicht nehmen lassen, das Bier mit dem wohl passendsten Namen des Tages zu probieren: „Bridalveil Blonde“. Weil der Name einfach zu gut passte – und das Bier noch besser schmeckte.
Die Kombination aus gutem Essen, kaltem Bier und der wohligen Zufriedenheit eines perfekten Tages machte diesen Abend zu einem würdigen Abschluss unseres Yosemite-Abenteuers.
Unser Hotel liegt buchstäblich nur einen Katzensprung vom Restaurant entfernt, was nach einem so intensiven Tag wie ein kleines Geschenk des Himmels erscheint. Kein langer Heimweg, keine komplizierte Parkplatzsuche – einfach ein paar Schritte und schon sind wir da.
Unsere Beine fühlen sich an, als hätten sie die letzten Stunden damit verbracht, mit Steinen zu diskutieren, und unser Körper schreit förmlich nach Erholung. Doch selbst die Müdigkeit kann uns das Lächeln nicht nehmen, das sich auf unseren Gesichtern festgesetzt hat. Dieser Tag hatte einfach alles: spektakuläre Aussichten, eine Herausforderung für die Beine, ein unglaubliches Naturschauspiel und zum krönenden Abschluss ein fantastisches Abendessen.
Als wir schließlich in unser Zimmer treten, fällt ein letzter Blick auf die dunkle Nacht über Mariposa. Die Erinnerungen an Yosemite sind noch frisch – die gewaltigen Felsformationen, die endlosen Wälder, die brennenden Farben des Sonnenuntergangs. Mit müden Knochen, aber glücklichem Herzen ziehen wir uns zurück, bereit für eine wohlverdiente Nachtruhe.